2. Sonntagsspaziergang: Ahrweiler
Nun gut, ich gebe es zu, ich bin und bleibe wohl auch ein weinaffiner Mensch, deshalb geht es im zweiten Teil der Sonntagsspaziergänge auch wieder in ein Weinbaugebiet. Am letzten Sonntag habe ich uns nach Rheinhessen geführt, in das kleine Städtchen Gau-Bickelheim.
An diesem Sonntag geht es an die Ahr, genauer gesagt nach Ahrweiler:
Inhaltsverzeichnis
Ahrweiler in Römischer Zeit
Lang ist die Geschichte von Ahrweiler, die man noch heute an jeder Ecke sehen und erleben kann, denn schon die Römer zog es hierher, an die Hänge des Ahrgebirges, das ganz offiziell zur Eifel gehört. Die Römer waren es auch (und das verwundert jetzt wohl keineswegs), die den Weinbau in diese doch manchmal unwirtlich erscheinende Region brachten. Unwirtlich nicht zuletzt deswegen, weil das Tal, das sich der zumeist kleine Strom der Ahr im Laufe der Jahrtausende gegraben hat, canyonartig, schroff und bizarr wirkt.
Aus eben jener römischen Zeit sind die Grundmauern einer „Villa Rustica“ erhalten geblieben, einem römischen Gutshof also. Gefunden wurden die Überreste eher durch Zufall, als man zu Beginn des Jahres 1980 mit dem Ausbau der B 267 begann und dazu Teile des Hanges abtrug, traf der Bagger (wie man dies so oft erlebt und wie es jeden Archäologen beglückt und wahrscheinlich jeden Straßenbauer zum Wahnsinn treibt) auf römisches Mauerwerk. Heute führt die B 267 übrigens mit einer eleganten Kurve genau um die römische Villa herum, die inzwischen durch ein Museum erweitert wurde.
Ahrweiler im Mittelalter
Die erste urkundliche Erwähnung des heutigen Ortes Ahrweiler datiert allerdings deutlich später: Im Jahr 893 entstand ein Güterverzeichnis der Abtei in Prüm und eben jenes Prümer Urbar erwähnt in Ahrweiler einen Herrenhof mit 24 Hofstellen, sowie 50 Morgen Land und 76 Morgen Weinbergen, die der Abtei gehörten. Dies ist gleichzeitig auch die erste urkundliche Erwähnung für Weinbau an der Ahr.
Im Hochmittelalter gehörte Ahrweiler (ebenso wie Bad Neuenahr) zur Grafschaft Neuenahr. Eine erste Pfarrkirche wurde in Ahrweiler im Jahr 1204 errichtet und um das Jahr 1225 begannen die Grafen von Neuenahr hier mit dem Bau einer Burg: der „Neue Are Burg“. Allerdings währte die Herrschaft der Grafen nicht lange. Bereits im Jahr 1246 schenkten sie ihre Besitzungen an das Erzbistum Köln.
Für den Ort Ahrweiler bedeutete dies einen Aufstieg, denn am 2. August 1248 verlieh Erzbischof Konrad I. von Hochstaden der noch kleinen Siedlung die Stadtrechte und 1250 begann man daraufhin mit dem Bau einer Stadtmauer, die – und das hat in Deutschland nun wirklich Seltenheitswert – noch heute vollständig erhalten ist. Sie besitzt vier Stadttore: das Ahrtor, das Niedertor, das Obertor und das Adenbachtor. Das Ahrtor wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, jedoch anschließende wieder vollständig aufgebaut und mit einem Wehrgang erweitert, über den die Besucher der Stadt heute spazieren können und einen wunderbaren Ausblick auf die historische Altstadt mit ihren zahlreichen Fachwerkhäusern haben.
Da offenbar die alte Pfarrkirche nun auch nicht mehr dem neu gewonnen Status entsprach, bauten die Bürger der neuen Stadt auch gleich, ab dem Jahr 1269, eine neue Pfarrkirche: die St. Laurentius Kirche. Sie ist die älteste erhaltene gotische Hallenkirche des Rheinlandes und fasziniert in ihrem Innern mit Wandmalereien aus den unterschiedlichen Jahrhunderten ihres Bestehens.
Bei einem Spaziergang durch die Stadt findet man noch heute zahlreiche Hinweise auf eine alte jüdische Tradition in Ahrweiler. Seit dem 13. Jahrhundert siedelten hier, unter dem Schutz des Kölner Erzstuhls, die ersten Juden. Die Pestpogrome der Jahre 1348 und 1349 jedoch löschten diese erste jüdische Gemeinde aus. Erst etwa zwanzig Jahre später entstand eine neue kleine jüdische Gemeinde in Ahrweiler. Die ehemalige Synagoge Ahrweilers hat – und das erstaunt – die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft überlebt und dient heute als viel genutzter Ausstellungsort für Kunstausstellungen.
Das 14. Jahrhundert brachte einen erneuten Umschwung in der Geschichte der Stadt, denn im Jahr 1346 fiel die Grafschaft Neuenahr als Lehen an die Herzöge von Jülich und Kriege und blutige Auseinandersetzungen zwischen den Herzögen von Jülich und den Kölner Erzbischöfen führten schließlich im Jahr 1372 zur Zerstörung der Burg, aber auch dazu, dass die Kölner zumindest wieder ein Mitbesitzer der Grafschaft wurden.
Ahrweiler in der (Frühen) Neuzeit
Diese Herrschaftsverhältnisse hielten sich bis ins Jahr 1546, als die Herzöge von Jülich und Berg die Grafschaft Neuenahr endgültig zurückeroberten. Nicht einmal hundert Jahre hielt diese Phase der Geschichte an, denn das Herzogshaus starb in männlicher Linie aus, es kam (wie nicht anders zu vermuten) zu erneuten kriegerischen Auseinandersetzungen, die 1614 mit dem Vertrag von Xanten beendet wurden und damit, dass Ahrweiler und die Grafschaft Neuenahr nun zur Kurpfalz gehörten.
Im Zuge des pfälzischen Erbfolgekrieges setzten französische Truppen die Stadt am 1. Mai 1689 in Brand. Beinahe hätte dies den Untergang Ahrweilers bedeutet, denn nur 10 Häuser überstanden diesen Brand unbeschadet. Die folgenden Jahre sahen die wieder aufgebaute Stadt in den unterschiedlichsten Händen: 1797 fiel sie an Frankreich und gehörte zum Rhein-Mosel-Département, 1815 dann wurde sie in die Preußische Rheinprovinz eingegliedert.
Ahrweiler heute
Seit dem 7. Juni 1969 sind die Städte Ahrweiler und Bad Neuenahr mit den Gemeinden Gimmigen, Heimersheim, Kirchdaum, Lohrsdorf und Ramersbach zur neuen Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler im ebenfalls neu gegründeten Landkreis Ahrweiler vereint.
Wer mehr über die Geschichte Ahrweilers erfahren möchte, der sollte noch einen Abstecher in den Weißen Turm (auch Staffeler Turm genannt) machen. Hier befindet sich heute das Stadtmuseum, das nicht nur viele Exponate zur Stadtgeschichte Ahrweilers beherbergt, sondern auch zur Geschichte des berühmten Mineralbrunnens: Apollinaris.
Damit ist nun auch schon mein zweiter Sonntagsspaziergang beendet und ich mache eine Rast in einem Weingut in der Nähe und gönne mir einen der hervorragenden Spätburgunder, die hier an der Ahr wachsen und überlege mir dabei wohin ich wohl am nächsten Sonntag spazieren werde …
Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen