Deutsches Uhrenmuseum – Furtwangen – Museums-Tipp

Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen – Ein Gespräch mit dem dortigen Museumspädagogen Robert Werner:

Herr Werner, ich freue mich, dass Sie sich bereit erklärt haben uns das Deutsche Uhrenmuseum vorzustellen und einige Fragen zu beantworten. Stellen Sie uns doch bitte das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen kurz vor:

 

Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen

Ein langer Weg zum Museum

1850 wurde der Ingenieur Robert Gerwig zum Direktor der neuen Großherzoglich Badischen Uhrmacherschule in Furtwangen ernannt und wollte für seine neue Wirkungsstätte eine Sammlung Schwarzwälder Uhren anlegen. Ein eigenes Museum für die Uhrensammlung gab es allerdings noch nicht. Dies änderte sich erst über einhundert Jahre später, als 1959 ein eigenes Museumsgebäude errichtet wurde.

Mehr als nur Schwarzwalduhren

Als 1975 die bedeutende Uhrensammlung der Firma Kienzle versteigert werden sollte, konnte das Bundesland Baden-Württemberg vorab alle rund 1500 Uhren erwerben, darunter Kostbarkeiten aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Nachdem diese Objekte nach Furtwangen gebracht wurden, wurde die Einrichtung „Historische Uhrensammlung“ in „Deutsches Uhrenmuseum“ umbenannt.

Bereits damals war das Museum ein Anziehungspunkt für Gäste aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Für Uhrenfreunde gleichermaßen wie für Schwarzwald-Touristen stellte ein Besuch im Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen schon beinahe einen Pflichttermin dar.

Das Deutsche Uhrenmuseum heute

Heute umfasst die Dauerausstellung ca. 1300 Objekte mit einem Schwerpunkt auf der Uhrengeschichte des Schwarzwaldes. Dabei steht der Schwarzwald nicht allein – die Geschichte der Region ist eingebettet in eine Präsentation der gesamten Geschichte der Zeitmessung, von frühen astronomischen Beobachtungen bis zu den Atomuhren der Gegenwart. Wer dem Verlauf der Ausstellung folgt, erkennt aber nicht nur die Entwicklung von immer präziser laufenden Uhren. Überall gibt es Anknüpfungspunkte an das Leben der Menschen früherer Zeiten. Prunkvolle französische Pendulen aus dem Rokoko zeichnen ebenso ein Bild ihrer Hersteller und Besitzer wie Holzräderuhren aus dem Schwarzwald. Originalmaschinen aus einer Uhrmacherwerkstatt geben einen Eindruck von der Arbeit dieser Handwerker im 19. Jahrhundert. Und die Industrieprodukte des 20. Jahrhunderts, zum Beispiel Wecker oder Küchenuhren, werden von denjenigen Museumsgästen wiedererkannt, die einst selbst eine solche Uhr besessen haben.

Natürlich befinden sich nicht nur Großuhren in der Sammlung. Auch die Taschen- und Armbanduhren haben ihren verdienten Platz in der Ausstellung. Ein eigener Bereich zeigt die Entwicklung der Taschenuhren vom 17. bis ins 19. Jahrhundert sowie die der Armbanduhren im 20. Jahrhundert. Außerdem ist die Ausstellung nicht auf den deutschen Raum beschränkt. Großbritannien, Frankreich, die USA und Japan erhalten als Länder mit eigener Tradition der Uhrmacherei ebenfalls Aufmerksamkeit.

Nicht zuletzt wird im Deutschen Uhrenmuseum Furtwangen auch aktiv die Geschichte von Uhrmacherei und Zeitmessung erforscht. Jedes Jahr erscheinen Artikel in Fachzeitschriften oder eigene Veröffentlichungen. Zudem werden Sonderausstellungen von wissenschaftlichen Publikationen begleitet, die im Haus entstehen und neue Erkenntnisse zutage bringen.

Innenansicht des Deutschen Uhrenmuseums in Furtwangen
Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen –
Foto: Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen

Das Deutsche Uhrenmuseum und das Internet

2. Ein echtes Dorado für alle Uhrenliebhaber und eine spannende Geschichte zur Entstehung Ihres Museums.
Jetzt habe ich aber noch ein paar zusätzliche Fragen:

Digitalisierung ist ja auch für Museen ein immer wichtigeres Thema und deshalb die erste Frage: Gibt es das Deutsche Uhrenmuseum auch im Worldwide-Web und nutzen Sie auch Social-Media-Portale?

Auf der Website stehen sämtliche Informationen über das Museum in drei Sprachen (dt, engl, fr) zur Verfügung, dazu ein Online-Shop und eine Online-Anmeldung für Führungen. Seit Juni 2017 wird das Informationsangebot durch ein Blog erweitert, das wöchentlich mit neuen Artikeln ergänzt wird und Einblicke hinter die Kulissen sowie Wissen zu außergewöhnlichen Objekten oder Hintergründen der Uhrengeschichte vermittelt.

Der Facebook-Auftritt des Museums wurde 2017 beendet, stattdessen sollte das Blog kontinuierlich und qualitativ hochwertig betreut werden. Im Moment steht auch keine weitere Social-Media-Aktivität auf der Agenda, da es dafür an Arbeitskapazitäten fehlt.

Eine Museums-App gibt es bei uns nicht. Allerdings ist seit 2016 der mobile Teil der Website im Museum über WLAN verfügbar und bietet für mobile Endgeräte virtuelle Zusatzangebote wie Filmausschnitte oder Hörstücke zur Geschichte der Uhren im Schwarzwald.

Von Fotos, Museumspädagogik und Lieblingsstücken im Deutschen Uhrenmuseum

3. Ein bloggendes Museum! Das ist schön, leider gibt es davon ja immer noch viel zu wenige.
Eine Frage, die viele BesucherInnen bewegt, vor allem in Hinblick auf Selfies und Instagram-Posts: Darf man in Ihrem Museum fotografieren?

Photographieren ohne Blitz ist ausdrücklich erwünscht!

4. Das finde ich sehr positiv, denn oft genug gibt es in dieser Hinsicht in Museen ja leider Probleme.
Haben Sie in Ihrem Haus auch spezielle Angebote für Familien und Kinder?

Neben Führungen für Schulklassen und den museumspädagogischen Programmen für Kindergruppen gibt es für Familien oder einzelne Kinder eine Rallye in zwei Schwierigkeitsgraden und vier Sprachen (dt, engl, fr, it), die durch das Museum führt.

5. Das klingt spannend und nach einem guten Weg Kindern die Geschichte der Uhren und so einen wichtigen Teil der Kulturgeschichte näher zu bringen und Familien ins Museum zu locken und sie dafür zu begeistern.
Viele Museen beklagen ja leider mangelndes Interesse an Ihrem Haus; Museums-Vereine sind da häufig eine gute Möglichkeit Menschen einzubinden. Gibt es bei Ihnen einen solchen Museums-Verein?

Ja, seit 1992 mit derzeit ca. 178 Mitgliedern. Der Verein zur Förderung des Deutschen Uhrenmuseums (VFDU) kauft jedes Jahr ein Objekt mit regionalem Bezug zur Sammlung an.

Uhr von Alexander Bain, Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen
Uhr von Alexander Bain im Deutschen Uhrenmuseum Furtwangen
Foto: Deutsches Uhrenmuseum

6. Zum Schluss noch eine Frage: Haben Sie selber ein Lieblingsstück oder besser gesagt eine Lieblingsuhr?

Es gibt einfach zu viele spannende Stücke, als dass ich eines davon als meinen einzigen Favoriten bezeichnen könnte. Ich mag besonders Objekte, die viel über die Zeit aussagen, in der sie entstanden sind. Als eines meiner Lieblingsstücke im Museum würde ich die Uhr von Alexander Bain aus den 1840er Jahren bezeichnen.

Der schottische Erfinder Alexander Bain hat bereits in den 1830er Jahren Experimente mit Elektrizität unternommen und später die ersten elektrisch angetriebenen Uhren gebaut. Zudem konnte Mr. Bain noch nicht auf ein Stromnetz zurückgreifen, er musste seine Uhren also mittels einer eigens dafür gebauten “Erdbatterie” antreiben (zwei in feuchter Erde vergrabene Platten aus Kupfer und Zink). Einerseits zeigt dieses Objekt also die Technikbegeisterung und den Erfindungsreichtum im 19. Jahrhundert. Auf der anderen Seite hatte Mr. Bain als Geschäftsmann keinen Erfolg, die Uhren waren zu teuer, haben sich nicht gut verkauft und letztlich ist der Erfinder verarmt. Somit steckt also auch eine spannende Geschichte hinter dem Objekt. Der eigentliche Siegeszug der elektrischen Uhren begann dann erst gut hundert Jahre später, als nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr elektrische Uhren verfügbar wurden. Heute existieren nur noch eine Handvoll dieser ersten elektrischen Uhren und wir sind sehr stolz, dass wir eines dieser besonderen Stücke in unserer Ausstellung haben.

Vielen Dank Herr Werner für die Beantwortung der Fragen und dass Sie das Uhrenmuseum Furtwangen hier auf dem Blog so ausführlich vorgestellt haben.
Ich wünsche Ihnen viele begeisterte BesucherInnen und weiterhin eine erfolgreiche Museumsarbeit. Ihr Blog werde ich mir merken und sicher regelmäßig lesen.

Robert Werner hat die Fragen von Kultur-Geschichte(n)-Digital schriftlich beantwortet.

INFOS ZUM DEUTSCHEN UHRENMUSEUM IN FURTWANGEN
Kontakt
Deutsches Uhrenmuseum
Robert-Gerwig-Platz 1
78120 Furtwangen
Telefon +49 (0)7723 920 2800

Öffnungszeiten
365 Tage im Jahr geöffnet
Tägliche Führungen
April – Oktober: 9-18 Uhr
Führung: 11 Uhr & nach Vereinbarung
November – März: 10-17 Uhr
Führung: 14 Uhr & nach Vereinbarung
Eintritt 6,00 €

Internet
Unser Blog: https://blog.deutsches-uhrenmuseum.de/
Unsere Website: https://www.deutsches-uhrenmuseum.de
Unser mobiles digitales Angebot/Virtual Museum: https://dufw.mobi
Museumspädagogische Angebote: https://www.deutsches-uhrenmuseum.de/fuehrungen/kinder-und-schulklassen.html
VFDU: https://www.deutsches-uhrenmuseum.de/museum/foerderverein.html

Aussenansicht der Hochschule Furtwangen mit angegliedertem Deutschen Uhrenmuseum
Hochschule Furtwangen mit angegliedertem Deutschen Uhrenmuseum –
Foto: Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen

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Dr. Anja Kircher-Kannemann
Dr. Anja Kircher-Kannemann

Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen

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