Lieblingsbücher # 5

Hardy Krüger: Was das Leben sich erlaubt. Mein Deutschland und ich

Er war der Held meiner Kindheit und meiner Jugend. Ich habe ihn geliebt und verehrt, ihn und seine Filme, seine Bücher und vor allem seine Reiseerzählungen.

„Hatari“, „Einer kam durch“, „Schallmauer“, „Die Frau des Griechen“ und natürlich „Weltenbummler“ – quasi in Endlosschleife hätte ich die Filme anschauen und die Bücher lesen können.

Hardy Krüger
Hardy Krüger, Foto: © Anita Krüger

Dann wurde es stiller um ihn, wahrscheinlich war er gerade nicht mehr modern. Auch ich habe mich verändert, aber ehrlich: „Hatari“ hab ich immer noch mindestens zweimal im Jahr geschaut und auch die so wenigen Folgen „Weltenbummler“, die ich auf alte VHS-Kassetten gebannt hatte (zumindest so lange wie ich noch ein passendes Abspielgerät dafür hatte).

Da fällt mir wieder einmal auf, dass es inzwischen wirklich alles (vor allem auch viel Schlechtes) aus jener Zeit auf DVD gibt, nur ihn nicht, den „Weltenbummler“, den Geschichtenerzähler und Weltenerklärer. Warum eigentlich? Ihr lieben Verantwortlichen vom NDR könnt ihr nicht mal tief in die Archive steigen?

Aber darum geht es hier eigentlich nicht, sondern es geht um ein Buch (und auch ausnahmsweise Mal kein altes, wie es sonst so meine Gewohnheit ist), ein neues Buch von eben jenem Helden meiner Kindheit und Jugend; ein neues Buch von Hardy Krüger und zwar Senior, nur als Information, für den Fall, dass den so mancher schon nicht mehr kennt und sich jetzt wundern sollte.

Geschrieben ist das Buch – wie immer – in jenem typischen Erzählstil des Hardy Krüger, jener typischen Art Sätze zu formulieren, die so unnachahmlich wie faszinierend ist und es erzählt von jenem Wandel, der mit einem Jungen vor sich ging, der im nationalsozialistischen Geist erzogen wurde, Hitler-Schüler wurde auf der Ordensburg in Sonthofen und der, mehr zufällig, zur UFA kam, Darsteller wurde in einem Propagandafilm mit dem Titel „Junge Adler“ und dessen Leben sich fortan radikal wandelte.

Der geringere Wandel dabei war die Entdeckung der Liebe zur Schauspielerei, die er zuvor für „Mädchensache“ hielt. Der größere Wandel war die Erkenntnis. Jene Erkenntnis, die er Hans Söhnker verdankte, den er liebevoll Hanne nennt und Albert Florath, genannt Abbi, jenem Mann, der ausgerechnet in einem der schlimmsten nationalsozialistischen Propagandafilme mitspielte, in „Jud Süß“ und dies nie verwandt; nie damit ins Reine kam nicht „Nein“ gesagt zu haben.

Diese beiden Männer führten zu jenem Wandel, den vom Hitler-Schüler zum NS-Gegner, der dabei half Juden in die Schweiz zu bringen, in die Sicherheit. Jener Wandel, den vor allem wohl Hans Söhnker auslöste mit einer Szene aus Shakespeares „Kaufmann von Venedig“, die er dem jungen, damals noch Eberhard, vorspielte:

„If you prick us,
do we not bleed?
If you tickel us,
do we not laugh?
If you poison us,
do we not die?
And if you wrong us,
shall we not revenge?“

Jene Geschichte des Wandels erzählt Hardy Krüger in bewegenden Bildern und Geschichten und von seinem Kampf, der seither nie aufgehört hat, für eine Welt ohne Hass, ohne Rassismus.

Er selbst schließt diesen Wandel mit dem Jahr 1945 ab, lässt sein neues Leben just hier beginnen. In seinen eigenen Worten klingt dies so:

„Nun ein Wort zum Neubeginn. Dabei handelt es sich um den Weg, den das Leben mir gestattet hat zu gehen. Fort von der Ordensburg. Hin zu Wahrheit und Veränderung […] Das war es, was ich wollte. Und das ist es auch, was ich geworden bin. Ein neuer Mann. Mit einem neuen Namen. Anstelle von Eberhard nun Hardy. Es fühlte sich an, als hätte ich mich selbst erschaffen. Silvesterabend hab‘ ich das gemacht.“

Ein beeindruckendes Buch, das er mit einem Aufruf beschließt, den zu zitieren ich mir hier am Ende erlaube:

„Hebt Euch ab von Politikverdrossenen und anderen Gedankenlosen, die uns schon einmal ins Verderben haben gehen lassen.

Schweigt nicht zu den verbrecherischen Thesen von gefährlich Rechts und ganz weit Links.

Folgt mit wachen Augen den Entscheidungen der Politiker, die gewählt wurden mit der Verpflichtung, uns mit Besonnenheit zu lenken.

Geht zur Wahl, sobald Ihr dazu aufgerufen seid.

All dies – und viel Eures Eigen-Erdachtem mehr.

Weil es Euer Leben ist.

Eure Zukunft.

Unser Land.“

Buchcover
Buchcover Hardy Krüger: “Was das Leben sich so erlaubt”

Hardy Krüger: Was das Leben sich erlaubt. Mein Deutschland und ich, Verlag Hoffmann und Campe Hamburg 2016, ISBN: 978-3-455-50397-5 , 224 Seiten, Preis: 20,00€

Dr. Anja Kircher-Kannemann
Dr. Anja Kircher-Kannemann

Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen

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