9. Sonntagsspaziergang: Schlosspark Schwetzingen

Also, ganz ehrlich, ich bin ein riesengroßer Fan von Schlossgärten oder Schlossparks, um genauer zu sein, denn das Wort Garten beschneidet die Dimensionen dieser Gebilde doch zu sehr. Mein liebster Schlosspark ist und bleibt wohl auch der Schlosspark Schwetzingen.

Plan Schwetzingen Park
Plan des Schwetzinger Schlossparks aus “Beschreibung der Gartenanlagen zu Schwetzingen, hg. v. Zeyher und Roemer

Schlossparks, Schlösser und das Leben darin, das fasziniert mich seit geraumer Zeit, wie man meinem Lebenslauf unschwer entnehmen kann. Wahrscheinlich hab ich schon als Kind viel zu lang und viel zu oft Sissi geschaut.

Nicolas de Pigage
Porträt Nicolas de Pigages von Anna Dorothea Therbusch, 18. Jh.; Original im Stadtmuseum Düsseldorf [Public domain], via Wikimedia Commons


Daher liebe ich es natürlich auch in solchen Schlossparks spazieren zu gehen und sie zu erkunden.
Der für mich schönste und faszinierendste dieser Parks ist und bleibt wohl der Park des Schwetzinger Schlosses und in eben diesen möchte ich Sie heute mitnehmen zu einem kleinen Sonntagsspaziergang:

Karl Theodor
Karl Theodor von Pfalz-Bayern von Johann Georg Ziesenis [Public domain], via Wikimedia Commons

Schwetzingen – Karl Theodor und Nicolas de Pigage

Kommt man in das kleine Städtchen Schwetzingen mit seinen etwa 22.000 Einwohnern hinein, dann braucht es nie lange bis man das Schloss erspäht. Ähnlich wie auch beim Schloss in Düsseldorf Benrath, geht seine größte Zeit auf zwei Gestalten zurück: den Kurfürsten Carl Theodor von der Pfalz (und später auch von Bayern) und den Architekten Nicolas de Pigage. Und ähnlich wie auch in Benrath wird man von einem Traum in Rosa empfangen.

Eingang Schloss Schwetzingen
Eingang zum Schwetzinger Schloss –
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Wobei das Rosa in Schwetzingen ein wenig anders wirkt und auch der Baustil des Schlosses zunächst –  von der Straßenansicht – anders erscheint, denn der Mittelbau des Schwetzinger Schlosses ist kein Neubau des ausgehenden Barock oder auch des Rokoko; er geht auf das 16. Jahrhundert zurück.
Aber um das eigentliche Schloss werden wir uns später einmal kümmern. Nun betreten wir erst einmal das Gelände, gehen durch die beiden Torbauten hindurch auf das Hauptgebäude zu und durch das Tor hindurch, das sich im Mittelbau befindet und direkt den Blick freigibt auf die imposante Mittelachse des Schlossparks.

Gartenparterre Schwetzingen
Schlosspark Schwetzingen – Blick auf das Gartenparterre
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Hier fällt der Blick direkt auf den Arion-Brunnen und auf eine symmetrisch geordnete Weite, weiter hinten dann steht die Hirschgruppe, eines der beliebtesten Fotomotive des Parks. Es ist ein typisches französisches Gartenparterre. Geometrie, Symmetrie, Achsen und perspektiven beherrschen diesen Bereich des Parks.

Plan Schwetzingen, Teil 1
Ausschnitt aus Zeyhers Gartenplan mit Arion-Brunnen und Hirschgruppe

Kleine Wasserspiele und Fontänen durchbrechen die Rasenflächen der Broderien. Alles wirkt spielerisch, anmutig. Der weite Blick entlang der Mittelachse über den hinten liegenden Teich öffnet sich gen Himmel und erweckt den Anschein der Unendlichkeit.
Ein Barockgarten par excellence!

Schwetzingen Zirkelhäuser
Schloss Schwetzingen Zirkelhäuser
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Schlosspark Schwetzingen – Die Zirkelhäuser

Eingefasst wird dieser erste Bereich des Parks durch die beiden Zirkelhäuser. Das nördliche dieser beiden Gebäude wurde in den Jahren 1748-1749 nach den Plänen des Mannheimer Hofbaumeisters Allessandro Galli da Bibiena (1686-1748) errichtet. Hier wurde später die Orangerie des Schlosses eingerichtet und in einem dahinter gelegenen Anbau befindet sich das berühmte Theater des Schlosses Schwetzingen. Es geht zurück auf die Pläne Nicolas de Pigages (1723-1796), der erst 29 Jahre alt war, als er dieses Meisterwerk entwarf.
Einen kleinen Eindruck von diesem Theater erhält man übrigens, wenn man sich das „Wettsingen in Schwetzingen“ der Söhne Mannheims anschaut, das in eben jenem Theater aufgenommen wurde:

Das südliche Zirkelhaus wurde, da Bibiena bereits verstorben war, von seinem Mitarbeiter Franz Wilhelm Rabaliatti (1716-1782) errichtet. Auch er war Architekt und später Hofbaumeister des Kurfürsten Karl Theodor.
Jenes südliche Zirkelhaus beherbergt prachtvoll ausgestattete Festsäle. So zum Beispiel einen Jagd- und einen Tanzsaal.
Beide Zirkelhäuser aber folgen dem gleichen Grundriss: An einen Eckpavillon schließt sich eine Galerie an, an eben diese wieder ein Pavillon und daran erneut eine Galerie. Diese wird gefolgt von einem Mittelrisalit, einer Galerie, einem Pavillon, einer weiteren Galerie und zum guten Schluss wieder ein Eckpavillon. Auch hier beherrschen Symmetrie und Geometrie das Bild. So sind auch die Zirkelhäuser Kinder ihrer Zeit in der der Mensch versuchte nicht nur die Architektur, sondern auch die Natur zu beherrschen, sie sich Untertan zu machen, indem er sie in klare geometrische Muster presste.

Schwetzingen Fontänenbrunnen
Schlosspark Schwetzingen Gartenparterre mit Fontäne
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Schlosspark Schwetzingen – Das Gartenparterre

Kehrt man zurück in die Mitte des Gartenparterres und bewegt sich Richtung Horizont, so gelangt man unvermittelt an eine niedrige Treppe. Sie ist nötig, denn der Garten ist in insgesamt drei Terrassen angelegt.
Auch hier öffnen sich weite Flächen, ein Puttenspringbrunnen vermittelt heitere Gelassenheit. Der Arionbrunnen, der auf den lothringischen Bildhauer Barthélemy Guibal zurückgeht, beherrscht das Zentrum diesen riesig wirkenden runden Areals.

Schwetzingen Schloss Laubengang
Schlosspark Schwetzingen Laubengang am Gartenparterre
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Das von den Zirkelhäusern eingefasste Halbrund wird von Laubengängen fortgesetzt, die das große Rondell weiträumig umfassen.
Geht man am Arionbrunnen vorbei, so steht man nach einer Weile vor der bereits angesprochenen Hirschgruppe.

Hirschgruppe Schwetzingen
Schlosspark Schwetzingen – Hirschgruppe
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Folgt man nun der Kugelallee, so kommt man unwillkürlich zum großen Weiher in dem sich Wasserschildkröten tummeln und hier und da ein Sonnenbad genießen.
Von hier aus hat man einen herrlichen Blick auf das Schloss, die Zirkelhäuser und die gesamte Anlage dieses ersten und zentralen Bereichs des Schwetzinger Schlossparks.

Schlosspark Schwetzingen – Arionbrunnen
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Da wir nun schon eine Weile unterwegs sind und zu viele Eindrücke ja auch erschlagend wirken, spazieren wir jetzt zurück gen Schloss, gönnen uns vielleicht noch einen Kaffee und ein Stückchen Kuchen.

Schloss Schwetzingen
Schloss Schwetzingen – Blick auf die Rückfront des Schlosses
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Den Rest des Parks, der noch so manches Geheimnis und so manche Überraschung parat hat erkunden wir dann an den nächsten Sonntagen. Ich hoffe Sie begleiten mich dann wieder.

Schloss Schwetzingen - kleiner Spaß
Skulptur Schlosspark Schwetzingen – Kleiner Spass;
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Im zweiten Teil unseres Spaziergangs durch den Schlosspark von Schwetzingen geht es zur Moschee und zum Minerva-Tempel, in einem dritten Sonntagsspaziergang im Schwetzinger Schlosspark geht es zum Merkurtempel und zur Chinesischen Brücke und im letzten Teil lustwandeln wir dann zum Apollo-Tempel, zum Tempel der Botanik, betrachten “römische Ruinen” und gehen baden.

Dr. Anja Kircher-Kannemann
Dr. Anja Kircher-Kannemann

Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen

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