Schloss Benrath – Düsseldorf
Carl Theodor von Gottes Gnaden Pfalzgraf bey Rhein, des Heil. Röm. Reichs Erzschatzmeister und [später dann auch] Churfürst, in Bayern, zu Gülich, Cleve, und Berg Herzog, Fürst zu Mörs, Marquis zu Bergen-opzoom, Graf zu Veldenz, Sponheim, der Mark und Ravensberg, Herr zu Ravenstein, etc. etc.
beschloss in den 1750er Jahren ein neues Schloss nahe Düsseldorf zu bauen, in Benrath, um genau zu sein.
Dort gab es bereits ein Schloss, ein Wasserschloss, nicht mehr so ganz neu und irgendwie auch nicht mehr zeitgemäß und da man als Kurfürst nun einmal repräsentieren muss, lag es nahe auch hier in diesem eher entlegenen Landesteil, in den des Herrschers Arm nicht so recht hineinreichte, da er sich nun einmal viel zu gerne reichlich weit weg in Schwetzingen aufhielt, ein neues und repräsentatives Schloss zu bauen, um so, zumindest auf gewisse Art und Weise, Präsenz zu zeigen.
In den Jahren zwischen 1755 und 1770 wurde dieses Prestige- und Repräsentationsprojekt dann in die Tat umgesetzt und es entstand durch die Hand des lothringischen Baumeisters Nicolas de Pigage ein spätbarocker Traum in pfirsichblütenrosa.
Um genau zu sein zeigt Schloss Benrath sowohl was seine baulichen, als auch dekorativen Elemente betrifft den Übergang von Spätbarock, Rokoko hin zum Klassizismus. Die wichtigsten hier vorherrschenden Elemente sind die Symmetrie und die Variation, die sich vor allem in den Raumformen widerspiegelt. Auch die Einbeziehung der Natur in die Räume und in das alltägliche Leben der Bewohner (die es im Übrigen so nie gab) ist ein Merkmal jener Epoche.
Das alte Benrather Schloss – heute Orangerie Benrath
Das alte Benrather Schloss, das noch heute, wendet man den Blick von der hinteren Terrasse des neuen Schlosses gen Spiegelweiher, zur Linken zu entdecken ist, war primär ein Kind des 17. Jahrhunderts. Im Jahr 1661 setzte eine rege Bautätigkeit an eben diesem Schloss ein. Elisabeth Amalie Magdalena, die zweite Frau Kurfürst Philipp Wilhelms, ließ es erweitern. Bis 1664 waren die Arbeiten weitgehend abgeschlossen und 1666 wohnte Elisabeth Amalie dann auch in ihrem ausgebauten Schloss, um Schutz vor einer Pestepidemie zu haben.
Der für Düsseldorf so wichtige und berühmte Kurfürst Johann Wilhelm bevorzugte Benrath als Jagdschloss. Unter seinem Nachfolger Carl Philipp allerdings kehrte der Hof nicht mehr in dieses Schloss zurück.
Erst Carl Theodor besuchte den Ort und das Schloss wieder. Als er im Jahr 1746/47 hier anreist fand er ein Schloss vor, dass durch einen Brand im Jahr 1740 zerstört worden war und das im Übrigen auch den Ansprüchen der Zeit nicht mehr gerecht wurde. Daher entschloss er sich zu einer Veränderung und dem Bau eines neuen Schlosses. Arbeiten, die 1755 in Angriff genommen wurden. Zunächst riss man den im Wasser gelegenen Teil des alten Schlosses ab, der noch erhaltene Teil wurde zur Orangerie umfunktioniert. Zudem begann der Bau des neuen Schlosses, jenem Traum in pfirsichblütenrosa.
Das neue Benrather Schloss
Das Vestibül, der erste Raum, der den Besucher des Benrather Schlosses empfängt, besticht durch seine ausgefeilte Dekoration. Es sind die vier Elemente, die uns hier begegnen: Feuer, Luft, Wasser und Erde. Hinzu treten die vier Jahreszeiten. Die Statuen, die sich an den Seiten des Vestibüls finden zeigen Flora und Hercules. Zum Norden, gen Schlossteich finden wir Luna und Diana, die Göttin der Jagd – passend zum Jagdschloss. Zum Spiegelweiher hin, gen Süden lädt Sol ein die Sonne zu begrüßen. In den vier Ecken des Vestibüls kann man die Herrschaftszeichen entdecken, die das Schloss als das eines großen Fürsten kennzeichnen: Krone, Hermelinmantel und Kugel.
Weiter geht der Besucher des Schlosses in den Kuppelsaal. Hier treffen sich die beiden Hauptachsen des Schlosses. An den Wänden findet sich im unteren Bereich rosafarbener Marmor und darüber dann grünlich-weißer Stuckmarmor. Die an den Wänden angebrachten Spiegel sorgen für die Einbeziehung des Parks, der Natur in diesen offenen und hohen Saal. Die namensgebende Kuppel reicht durch alle vier Etagen des Schlosses und vermittelt so eine Öffnung gen Himmel. In der ersten Etage beäugen Diana und ihr Gefolge den Besucher, in der zweiten Etage dann ist es Aurora, die hinablächelt. Der obere Bereich der Kuppel, die sogenannte „Laterne“ bot die Möglichkeit dort Musiker zu platzieren, um den Eindruck wahrhafter Sphärenmusik zu erzeugen. Über 800 Rosetten zieren die Kuppel und Jagdmotive verschiedener Couleur.
Vom Kuppelsaal aus geht es gen Westen in die privateren Gemächer des Kurfürsten Carl Theodor. Die dort hinführende Tür ziert sein Monogramm „CT“. Wer durch diese Tür treten darf, der findet sich im Gartensaal wieder. Hier bekommt die vorherrschende Symmetrie eine neue Dimension, die durch Spiegel und Blendtüren noch verstärkt wird. Der Raum ist, wie die Außenfassade des Schlosses in rosa gehalten. Die Täfelung der Wände lässt den Raum intimer und persönlicher wirken als der marmorne Kuppelsaal. Der Boden ist mit Parkett belegt und die großen Fenster bzw. Türen öffnen auch diesen Raum gen Park. Das hier angebrachte Deckenfresko zeigt Zeus und Athene, als Symbol für das Herrscherpaar. Außerdem finden sich Ceres, Bacchus, Flora und Gaia. Macht und Stand des Kurfürsten werden durch Löwenköpfe symbolisiert, die sich an den Schmalseiten finden.
Das nächste Zimmer, das wir als intime Besucher des kurfürstlichen Jagdschlosses betreten dürfen, ist das Schlafzimmer Carl Theodors. Es ist intim gestaltet mit Lyoner Seidentapeten. Das Bett stand in einem kleinen Alkoven, dessen Blick zum Privatgarten des Kurfürsten hin ausgerichtet ist. Rechts davon finden sich ein Badezimmer (jawohl, ein Badezimmer!) und ein Ankleidezimmer. Links des Alkovens ist ein Puderraum (Sie erinnern sich an die Perücken jener Zeit?). Verschlossen sind diese intimen Bereiche mit Tapetentüren. Die Decke des Schlafzimmers ziert eine Blütenrosette mit versteckten Löwenköpfen.
Als nächstes betreten wir dann den Salon. Er ist nach Norden und zum Privatgarten hin ausgerichtet und daher eher dunkel. Aus diesem Grund stattete man ihn mit hellen Farben aus.
Der letzte Raum, der auf der Seite des Herrschers zu finden ist, ist der Ordonnanzraum. Es ist der Raum, den der „normale“ Gast des Kurfürsten in diesem Schloss eigentlich zuerst betreten hätte. Hier wäre er von einem Bediensteten empfangen worden und hätte warten müssen, bis man ihn ggf. zum Fürsten vorgelassen hätte. Heute finden sich hier Bilder von Carl Theodor und seiner Frau Elisabeth Auguste in jüngeren Jahren. Die Decke hier ist sehr niedrig, denn direkt darüber findet sich ein Dienergeschoss, das durch eine versteckte Türe hinter der sich eine schmale Stiege befindet, erreicht werden kann. In diesem Ordonnanzzimmer, das der Kurfürst selbst eher selten betreten hätte, so er denn hier gewesen wäre, findet sich kein Schmuck mehr, es ist ein rein funktionaler Raum.
Vorhin sind wir vom Kuppelsaal aus nach Westen abgebogen, nun wenden wir uns gen Ost, der aufgehenden Sonne zu und betreten den Gartensaal der Dame, Elisabeth Auguste, Kurfürstin von der Pfalz. Der Raum ist deutlich femininer gehalten. Hier findet sich bis heute die originale Wandfarbe, die im 18. Jahrhundert aufgetragen wurde. Feminin wirken vor allem die Putti, die sich an die Spiegel lehnen, sie festhalten und dem Raum etwas Heiteres verleihen. Aber natürlich darf auch hier die Krone als Herrschaftssymbol nicht fehlen. Das Deckenfresko zeigt Apoll und die neun Musen gemeinsam mit blütenstreuenden Putti.
Highlight des Schlafzimmers von Elisabeth Auguste ist unzweifelhaft das vollständig erhaltene Parkett mit ausgesprochen feinen und floralen Einlegearbeiten. Auch hier finden sich neben dem Alkoven für das Bett ein Badezimmer, ein Ankleidezimmer und natürlich ein Puderraum. An der Decke begrüßen uns Putti, die Leuchter halten und die Symbole der vier Jahreszeiten. Auch hier blickt man vom Alkoven aus in den Privatgarten, in diesem Fall der Kurfürstin.
Der Salon Elisabeth Augustes wurde im 2. Weltkrieg als einziger Raum des Schlosses vollständig zerstört. Die rekonstruierte Decke zeigt hier die Sonne, die sich im ebenfalls rekonstruierten Parkett wiederspiegelt.
Und jetzt fällt dem Besucher ein einziger Bruch in der Symmetrie des Schlosses auf, denn im Gegensatz zum Kurfürsten hat die Kurfürstin zwei Ordonnanzräume! Zu ihr vorzudringen war also im Regelfall etwas schwieriger. Auch hier sind eben diese Ordonnanzräume vollkommen pragmatisch eingerichtet und ihre Decken sind niedriger, denn über ihnen befindet sich wieder ein Dienergeschoss.
Zurückgekehrt ins Vestibül, in Richtung auf des Kurfürsten Seite geblickt, entdeckt der Besucher eine große Treppe. Sie ist lange nicht so prachtvoll wie die berühmten Barocktreppen, etwa jene in Brühl, die einstmals den alten Fünfzigmarkschein zierte, aber dennoch fällt sie auf und sie ist im Übrigen auch der Grund dafür, dass der Kurfürst nur ein Ordonnanzzimmer hatte, denn die Treppe liegt nicht mittig im Schloss, sondern ist nach Westen herausgerückt, so dass Vestibül und Kuppelsaal die Mittelachse des Schlosses bilden konnten. Damit ist diese Treppe auch nicht mehr ein solch repräsentativer Teil des Schlosses, wie es im Hochbarock der Fall war. Sie ist ein eher pragmatisches und privates Element, denn die Räume zu denen sie führt wären wohl eh nahezu jedem Besucher verwehrt gewesen. Hier wird der Übergang zu einem anderen Stil deutlich, denn wir steigen über die Treppe vom späten Barock, vom Rokoko hinauf in das Zeitalter des Klassizismus.
Es sind gänzlich private Räume, kleine Räume, intime Räume, die uns hier im Obergeschoss erwarten. Es ist beinahe ein zeitgemäßes Gefühl, das den heutigen Besucher hier empfängt. Quasi „modernes“ Wohnen.
Das Obergeschoss von Schloss Benrath
Vier Appartements erwarten den Besucher im Obergeschoss des Jagdschlosses in Benrath. Vier Appartements und ein Highlight, aber dazu kommen wir später. Dienen sollten diese vier Appartements als eigentliche Wohnräume des kurfürstlichen Paares und naher Verwandter, die eventuell zu Jagdgesellschaften das Schloss hätten besuchen sollen.
Jeweils ein großer Gesellschaftsraum liegt zwischen zwei Appartements. Auch diese Etage ist aber, in alter Tradition, symmetrisch aufgebaut. Die Tapeten, die die Wände zieren sind aus Chyntz und mit insgesamt 36 verschiedenen Farben bedruckt.
Von den Fenstern des langen Flures hier im Obergeschoss kann man in die Innenhöfe blicken und hinauf auf das Dach, das von grünen Stäben geziert wird, die im ersten Moment wohl eher irritieren, die aber einen guten Grund haben – es sind Blitzableiter! Und ja, es gab sie seit Beginn. Das könnte Sie jetzt vielleicht verwundern, weil Sie Blitzableiter für eine deutlich jüngere Erfindung halten möchten. Aber es gab sie in der Tat bereits im 18. Jahrhundert.
Gemeinhin wird ihre Erfindung dem ehemaligen amerikanischen Präsidenten Benjamin Franklin zugeschrieben. Als Experiment ließ er im Jahr 1752 allererste Blitzableiter an seinem Haus und auch an der Akademie in Philadelphia anbringen, die wohl offenbar funktionierten. In Deutschland wurde der erste Blitzableiter auf der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi 1769 installiert und 1779 wurde die niedersächsische Universitätsstadt Rinteln mit einem Kranz von insgesamt sieben freistehenden Blitzableiterstangen umgeben, die die Stadt komplett schützen sollten. Somit sind die Benrather Blitzableiter dann wohl mithin die ältesten in Deutschland und wie es sich für ein ordentliches Schloss gehört rankt sich natürlich auch eine Legende um diese Blitzableiter:
Ein Verwandter Carl Theodors soll zum Protestantismus konvertiert sein und kurz darauf schlug ein Blitz in sein Schloss ein und das ganze Gebäude brannte nieder. Der Kurfürst sah darin eine Strafe Gottes und vor dem Zorn des Allerhöchsten hatte er offenbar ausreichend Angst und ließ sein neues Jagdschloss ganz profan mit der neuen Erfindung des Blitzableiters schützen (obwohl er ja noch immer katholisch war, aber er hatte durchaus anderes auf dem Kerbholz; man denke nur an die große Zahl unehelicher Kinder, die ihm zugeschrieben werden, aber davon reden wir ein anderes Mal).
Geht man diesen langen Flur entlang, so findet man in der Mitte gelegen auf der linken Seite das Highlight dieses Obergeschosses: die Kapelle. Der Altar ist nicht nach Osten ausgerichtet und das ist nicht das einzige, das auffällt und das den Betrachter erstaunt; auch die Sitzordnung verwundert, denn in den Schlosskapellen saßen bis zu jener Zeit, etwa auch in Schwetzingen, der Fürst und seine Familie oben. Hier jedoch sitzen sie unten, die Dienerschaft hatte ihren Platz nun oben, auf dem Balkon und wohnte so der Messe nur als Zaungast bei.
Soweit unser Besuch im Inneren des kurfürstlichen Jagdschlosses in Benrath. Das Porzellan, das sich hier befindet, habe ich Ihnen ja bereits in einem anderen Artikel zumindest teilweise nähergebracht. Ein Spaziergang durch den großen Park folgt bald und auch die „verborgenen Räume“ des Schlosses, von denen es mehr gibt, als man auf den ersten Blick vermuten möchte, steht noch bevor.
Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen
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