Preußen zwischen Freiland und Weltbad

#PreusseninWestfalen – Tour 2 – Detmold – Externstein – Hermannsdenkmal – Bad Pyrmont

[Werbung] “Preußen in Westfalen” – heute und damals

Willkommen zur zweiten Reise durch Westfalen auf der Suche nach Preußen und seiner Geschichte. Nachdem wir auf der ersten Reise von Minden über Petershagen und Porta Westfalica nach Bad Oeynhausen gereist sind, beginnen wir heute etwa 50 Kilometer weiter südlich mit unserer Rundreise in Detmold.
In der ersten Reise begegnete uns zunächst eines der Klischees preußischer Geschichte, das Militär, aber auch die Verwaltungsgeschichte. Außerdem haben wir uns das Verkehrswesen und vor allem die Eisenbahn und ihre Geschichte in preußischer Zeit angeschaut. In Petershagen dann haben wir einen Blick sowohl auf die Wirtschafts- und Sozialgeschichte geworfen als auch auf die jüdische Geschichte Westfalens in preußischer Zeit, um dann bei Kaiser Wilhelm I. zu landen und am Ende Baden zu gehen, kuren, um genau zu sein.
Auf dieser zweiten Reise beginnen wir mit scheinbarer ländlicher Idylle, um dann bei gleich zwei Denkmälern zu landen, die unterschiedlicher, aber auch typischer gar nicht sein könnten und am Ende gehen wir – ja tatsächlich – schon wieder baden, bzw. kuren. Sie merken schon, das war ein offenbar wichtiges Thema in Westfalen und auch in preußischer Zeit.
Also lassen Sie uns starten – wir machen eine Zeitreise nach Detmold:

Ländliche Idylle im LWL-Freilichtmuseum Detmold
Ländliche Idylle im LWL-Freilichtmuseum Detmold
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Von Bauern, Kaufleuten und Fotografen – Das LWL-Freilichtmuseum Detmold

Ländliche Idylle begrüßt die Besucher:innen auf dem Gelände des LWL-Freilichtmuseums Detmold, das in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert.
Hier scheinen die Uhren stillzustehen und alles scheint romantisch und einfach schön zu sein. Erst langsam erschließen sich die nicht ganz so schönen Seiten des ländlichen Idylls und auch erst langsam die preußischen.
Doch um die zu sehen, da muss man sich ein wenig auskennen in der preußischen Geschichte Westfalens. Da sind zum Beispiel die endlos scheinenden Apfelbaumalleen und die sind tatsächlich ziemlich preußisch. – Sie werden jetzt fragen, was denn die Preußen mit Apfelbäumen zu tun haben. Nun, ungefähr genauso viel wie mit den Kartoffeln, aber dazu kommen wir später.
Erst einmal wandern wir ein wenig umher im Freilichtmuseum und besehen uns die verschiedenen kleinen Dörfer, die hier stehen und die ein Abbild von beinahe ganz Westfalen zeigen. Von überall her hat man Bauernhöfe, Schulgebäude, Krämerläden, Windmühlen und sogar eine alte Tankstelle zusammengestellt. An jeder Wegbiegung ist man in einer neuen Region angekommen. Hier können die Besucher:innen eine Reise unternehmen, die sie vom Osten mit dem Paderborner Land und dem Weserbergland bis in das westliche Münsterland und die Hellweg-Region führt und in nord-südlicher Richtung vom Osnabrücker über das Mindener, Ravensberger und Lipper Land bis ins  Siegerland, Wittgensteiner Land und Sauerland. Und das Schöne: man muss dazu eben nicht hunderte Kilometer fahren, um das alles zu sehen, es geht ganz leicht an einem Tag und das auch noch zu Fuß.

Wer schneller sein möchte oder einfach schlecht zu Fuß ist, der kann die Reise auch mit einem Pferdewagen unternehmen, ganz stilecht und historisch korrekt. Neben den Pferden gibt es auch viele andere Tiere zu sehen und so fühlt man sich wirklich wie in den Ferien auf dem Bauernhof.

Apfelbaumallee im LWL-Freilichtmuseum Detmold - ein Rest Preußen
Apfelbaumallee im LWL-Freilichtmuseum Detmold – ein Stück Preußen in Westfalen
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Vom schönen und weniger schönen Landleben und preußischen Äpfeln

Beim Durchwandern erfährt man viel über das Leben der Menschen im ländlichen westfälischen Raum insbesondere in der Zeit um 1900, jener Zeit, in der Westfalen preußisch war.
Und da sind wir dann auch bei den Apfelbaumalleen angekommen. Die nämlich gibt es in Westfalen seit preußischer Zeit – ebenso wie die Streuobstwiesen. Der Grund dafür ist simpel. Der preußischen Regierung war es wichtig, die landwirtschaftliche Produktion zu optimieren und die Versorgung aus dem eigenen Land heraus zu gewährleisten. Obst war ein wichtiger Faktor und vor allem Äpfeln kam dabei eine große Bedeutung zu. So ist es also mit den Äpfeln ganz ähnlich wie mit den Erdäpfeln, die zwar nicht nur wegen Friedrich dem Großen ihren Siegeszug begannen, aber eben auch.
Ich hatte schon von den nicht so schönen Seiten des Landlebens geschrieben. Auch auf die sollten wir einen Blick werfen: Landleben, das war harte Arbeit und es bedeutete vielfach auch bittere Armut, insbesondere für Frauen.
Deutlich wird das im Münsterländer Dorf. Hier steht ein Armenhaus, einst gebaut in Rinkerode im Kreis Warendorf. Es stammt aus dem Jahren 1824. In ihm lebten ursprünglich vier arme und alleinstehende Frauen. Sie bewohnten je eine kleine Kammer. Küche und Stube waren als Gemeinschaftsräume angelegt. Zum Haus gehörte ein Garten in dem die Frauen ihr eigenes Gemüse anbauen konnten. Neben der Arbeit gehörte das Gebet zu ihrem normalen Tagesablauf, denn für die Unterstützung, die sie erhielten, da hatten sie für das Seelenheil ihrer Gönner zu beten. Und dieses Gebet, das hört man auch noch, wenn man das Haus betritt. Damit die Frauen nicht vergaßen zu beten, da schrieb man es ihnen über die Tür. Bis heute steht dort zu lesen: „Gedenkt ihr Armen eurer Wohltäter.“
Es gab viele solcher Armenhäuser, nicht nur im Münsterland. Gestiftet waren sie meist von adeligen Damen oder Familien.
Wer das Detmolder Freilichtmuseum besucht, der hat ganz verschiedene Möglichkeiten auf Zeit- und Erkundungsreise zu gehen: Man kann einer der drei verschiedenen Routen folgen, wobei diese Routen nicht das ganze Gelände des Freilichtmuseums abdecken oder man läuft einfach los, so wie ich es getan habe. Um dabei nicht vollkommen den Überblick zu verlieren sollte man sich vorher den Freilichtführer für 6,00 € im Museumsshop kaufen. Für alle Menschen mit Gehbehinderung gibt es zudem die Möglichkeit mit dem Auto bis zum Paderborner Dorf zu fahren und mit der Pferdekutsche die westfälischen Dörfer zu erkunden.

Hermannsdenkmal in Detmold
Hermannsdenkmal in Detmold
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Von Preußen und Cheruskern – Das Hermannsdenkmal

Vom LWL-Freilichtmuseum Detmold aus konnte ich es schon sehen, mein nächstes Ziel. Hoch ragt es hinaus und ist auch aus der Ferne weithin sichtbar. So war es auch gedacht, damals, als es gebaut wurde in preußischer Zeit. Für mich ist es das wohl preußischste Denkmal auf meinen Routen durch Westfalen, auch wenn es – anders als andere – gar keinen Preußen zeigt, sondern einen Cherusker.

26 Meter hoch ist er, der Cheruskerfürst, den alle Hermann nennen, und um ihn so richtig in die Ferne blicken zu lassen, da stellte man ihn auf einen 28 Meter hohen Sockel in den Teutoburger Wald, wo man dachte, dass diese berühmte Schlacht einst stattgefunden hat. Diese Schlacht, mit der alle ein unvergessenes Zitat verbinden: „Varus, Varus, gib mir meine Legionen wieder.“
Hier, so meinte man sehr lange Zeit, hat der Germane Hermann, der eigentlich Arminius hieß, die feindlichen Römer besiegt, ihnen die wohl schlimmste militärische Schlappe ihrer Geschichte zugefügt und so die Germanen vom Joch der Fremdherrschaft befreit.
Sie mögen diese Wortwahl jetzt schlimm finden und unangemessen und aus heutiger Sicht haben Sie damit auch durchaus recht. Gewählt habe ich die Worte, um Sie in die Zeit zu versetzen in der dieses Denkmal entstand. Um Denkmäler zu verstehen, sie nicht nur als Aussichtpunkte wahrzunehmen, da ist es wichtig die Ideen zu verstehen, die zu ihrem Bau geführt haben. Gerade bei diesem Denkmal, das eben keinen Kaiser zeigt und keinen Preußen, sondern einen Mann aus ferner Vergangenheit.

Tafel mit der Aufschrift "Hier stand Kaiser Wilhelm" am Hermannsdenkmal - Preußen und Geschichte
Tafel mit der Aufschrift “Hier stand Kaiser Wilhelm” am Hermannsdenkmal
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Der preußische Cherusker im Teutoburger Wald

Das 19. Jahrhundert, in dem auch das Hermannsdenkmal entstand, war das Jahrhundert der Denkmäler. Sie waren weithin sichtbare Zeichen für Wünsche, Hoffnungen und Ziele der Menschen und sie waren auch Zeichen für politische Interessen. Um die meisten Denkmäler, die in jenem Jahrhundert entstanden, gab es jahre- oder gar jahrzehntelange öffentliche Diskussionen. Da war der Standort zu bedenken, die Art des Denkmals, die Größe usw. usf. Wir kennen das. Es ist heute nicht anders, wenn irgendwo ein Denkmal egal wofür entstehen soll. In 100 Jahren hat sich also eigentlich in dieser Hinsicht nichts verändert.
Und noch etwas hat sich nicht verändert. Es ist der Versuch, mit Denkmälern für die Vergangenheit Bezug zum Hier und Jetzt zu schaffen. Der Unterschied liegt nur in der Aussage.
Auch das Hermannsdenkmal ist eines dieser Denkmale, die mehr über das 19. Jahrhundert und dessen Ideen und Lebenswelt aussagen, als über die Welt des Mannes, der dargestellt wird:
Hermann, der Cherusker, der eigentlich Arminius hieß und als Anführer germanischer Truppen den Römern im Jahr 9 n. Chr. eine ihrer verheerendsten Niederlagen zufügte.
Seit dem 18. Jahrhundert mutierte die historische Figur Arminius immer mehr zur mythischen Figur Hermann, zum „Befreier Germaniens“. Vielen galt er als das Symbol des geeinten Germaniens und somit des geeinten Deutschlands. Er war neben Karl dem Großen die einigende Symbolfigur auf die man sich nahezu überall in diesem Flickenteppich bezog, der Deutschland genannt wurde.

Inschrift am Hermannsdenkmal mit Plakette für Kaiser Wilhelm - Preußen und Geschichte
Inschrift am Hermannsdenkmal mit Plakette für Kaiser Wilhelm
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Hermann – die Geschichte eines preußischen Denkmals in Westfalen

Schon 1813 hatte Karl Friedrich Schinkel die Idee für ein Hermannsdenkmal, doch er scheiterte. Doch mit der Idee schossen überall Vereine aus dem Boden, die für ein solches Denkmal Geld sammelten. Selbst Heinrich Heine beteiligte sich an diesem „Crowdfunding“. Insgesamt kamen über 37.000 Thaler zusammen und Ernst von Bandel konnte 1838 mit den Arbeiten am Denkmal im Teutoburger Wald beginnen. Die Revolutionsjahre um 1848 ließen das Interesse am Denkmal erlahmen und die Arbeiten ruhten bis 1863. Erst der Besuch König Wilhelms I. von Preußen im Jahr 1869 und die Reichsgründung von 1871, die ihn zum Kaiser machte, brachten wieder Leben in das Denkmalprojekt. Sowohl der deutsche Kaiser, als auch der österreichische Kaiser Franz Joseph I. spendeten Geld für den Weiterbau. Auch der Reichstag bewilligte Gelder.
Am 16. August 1875 war es soweit, das Hermannsdenkmal konnte mit großem Pomp und im Beisein Kaiser Wilhelms I. feierlich eingeweiht werden. Dass es mehr über die eigene Gegenwart seiner Erbauer aussagt, als über den historischen Arminius wird spätestens klar, wenn man die Inschrift auf dem Schwert liest, das er in den Himmel reckt. Dort steht zu lesen: „Deutschlands Einigkeit meine Stärke / meine Stärke Deutschlands Macht.“ Bemerkt man dann noch, dass Hermann sich gen Westen richtet, mit Blick auf den Erzfeind Frankreich, dann bestätigt sich dieser Eindruck noch mehr.

Am deutlichsten aber wird die preußisch-deutsche Gedankenwelt in den Inschriften, die sich in den Nischen des Denkmals finden:

Wilhelm, Kaiser, 22. März 1797, Koenig von Preussen, 2. Januar 1861. Erster Kaisertag, Versailles, 18. Januar 1871, Krieg 17. Juli 1870, Frieden 26. Februar 1871.
Der lang getrennte Staemme vereint mit starker Hand,
Der 
welsche Macht und Tücke siegreich überwand,
Der längst verlorne Söhne heimführt zum Deutschen Reich,
Armin, dem Retter ist er gleich.

Am 17. Juli 1870 erklaerte Frankreichs Kaiser, Louis Napoleon, Preuszen Krieg, da erstunden alle mit Preuszen verbündeten deutschen Volksstaemme und züchtigten vom August 1870 bis Januar 1871 im[m]er siegreich franzoesischen Uibermuth unter Führung des Koenigs Wilhelm von Preuszen, den am 18. Januar Deutsches Volk zu seinem Kaiser erhob.
Nur weil deutsches Volk verwelscht und durch Uneinigkeit machtlos geworden, kon[n]te Napoleon Bonaparte, Kaiser der Franzosen, mit Hilfe Deutscher Deutschland unterjochen; da endlich 1813 scha[a]rten sich um das von Preuszen erhobene Schwert alle deutschen Staem[m]e ihrem Vaterlande aus Schmach die Freiheit erkaempfend. Leipzig, 18. October 1813 – Paris, 31. Maerz 1814, Waterloo, 18. Juni 1815 – Paris, 5. Juli 1815.

Diese Inschrift ist auf dem obigen Foto teilweise zu sehen

Arminius liberator haud dubie Germaniae et qui non primordia populi romani, sicut alii reges ducesque, sed florentissimum imperium lacessierit: proeliis ambiguus, bello non victus.
Armin, ohne Zweifel Deutschlands [Germaniens] Befreier, der das römische Volk nicht in seinen Anfängen bedrängt hat wie andere Könige und Heerführer, sondern in der höchsten Blüte seiner Herrschaft: In Schlachten mit schwankendem Erfolge, im Kriege nicht besiegt.

Externsteine Horn-Bad Meinberg
Externsteine Horn-Bad Meinberg
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Steinalte Geschichte(n) – Die Externsteine

Wir bleiben noch im Teutoburger Wald. Nur wenige Kilometer vom Cheruskerfürsten entfernt in Horn-Bad Meinberg, da gibt es große Steine, die umsäumt von Wasser, mitten im Wald stehen. Das „deutsche Stonehenge“ haben manche sie getauft und schon früh wurden sie zu einer Art von Pilgerstätte. Das sind sie auch noch heute und das nicht nur für Naturfreund:innen, sondern auch für Esoteriker:innen und insbesondere für politisch extrem weit rechts stehende und faschistische Gruppen. Es ist ein eigenwilliges Gemisch von Menschen, das von diesem Naturdenkmal angezogen wird, das unter dem Namen Externsteine bekannt ist.
Als ich an diesem eher grauen und verregneten Morgen hier ankomme, da bin ich, anders als erwartet, überhaupt nicht allein. Schon der Wald, den ich durchquere, um zu den Externsteinen zu kommen, ist voll von Menschen. Da sind die klassisch Wandernden, ausgerüstet mit Rucksack und Wanderschuhen, dann die Familien mit Kindern, etwas weiter dann Gruppen von Fahrradfahrern.
Wie diese großen Steine hier so mitten in den Wald gekommen sind, das wusste lange Zeit niemand so genau und auch nicht, wer sie einst bearbeitet hat. Bis heute gibt es mehr Mythen über die Externstein als wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse.

Relief an der Kapelle in den Externsteinen
Relief an der Kapelle in den Externsteinen
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Die Externsteine zwischen Legenden und Geschichten

Bereits im 16. Jahrhundert gab es die Legende, dass die Externsteine ein germanisches Heiligtum seien, das von Karl dem Großen zerstört worden sei. Richtig Fahrt nahm diese Deutung im 19. Jahrhundert auf, das stets auf der Suche nach „vaterländischer Geschichte“ war und sich nur zu gern auf die Germanen und das Mittelalter zurückbesann. Ein Hang, der vor allem im historistisch geprägten Preußen zu verzeichnen war. Selbst den Heiligen Gral haben manche hier vermutet oder tun es bis heute.
Der Grund für all diese Mythen, Märchen und Legenden sind nicht nur die großen Steine, die hier wie hindrapiert in der Landschaft stehen. Der Grund ist vor allem das, was sich an und in den Steinen selbst findet. Es gibt Grotten in den Felsen, von Menschenhand bearbeitet. An und in diesen Grotten sind Inschriften, Fratzen und Figuren zu finden. Das berühmteste und schon von außen deutlich sichtbare Bild ist das am Grottenfelsen angebrachte Kreuzabnahme-Relief. Es entstand wahrscheinlich Mitte des 12. Jahrhunderts. Einige datieren es bereits ins 9. Jahrhundert. Wer das Relief und die anderen Bilder dort angebracht hat und vor allem warum, das weiß schlicht niemand mehr. So gibt es viel Raum für Spekulationen, für Mythen und Legenden. Und vielleicht ist es gerade das, was die Menschen bis heute in großen Scharen zu diesen Felsen führt.

Der Hyllige Born in Bad Pyrmont
Der Hyllige Born in Bad Pyrmont
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Von Dichtern, Musikern und einer preußischen Königin – Bad Pyrmont und das Museum im Schloss

Wer gerne in die Vergangenheit reist, der wird ihn lieben, diesen Kurort, dem man noch heute ansieht, dass er einst zu den beliebtesten und mondänsten Kurbädern Europas zählte. Heute zieht er jede:n Besucher:in mit seinem leicht maroden Charme sofort in seinen Bann.
Und wer hier nach Preußen sucht, der wird bald fündig, obwohl der Ort erst spät an Preußen fiel. Doch Preuß:innen, die waren hier schon früh zu Gast und gerne, wie man hört. Und wie das in den Kurbädern Mitteleuropas oft so ist: auch der unvermeidliche Geheimrat Goethe war hier einst zu Gast.
Wer hier im Stadtbild nach etwas Preußischem sucht, der wird nicht schnell fündig werden. Es ist nicht die großartige, prachtvolle und mondäne Architektur à la Schinkel, die man sieht. Eher ist es die filigrane, verspielte Architektur der Goethezeit, und tatsächlich erwartet man viel eher den Herrn Geheimrat gleich an der nächsten Ecke zu treffen als den alten Kaiser Wilhelm. Ja, und den alten Dichterfürsten, den treffen wir dann auch tatsächlich oder zumindest das Haus, in dem er einst wohnte, als er 1801 das Bad Pyrmont besuchte, gemeinsam mit seinem Landesherrn. Aber wenn wir genauer schauen, dann finden wir auch Preußisches. Da fällt zuerst das alte Hotel auf, auf der Hauptallee. Verfallen sieht es aus, die besten Zeiten hat es hinter sich, doch über dem Eingang prangt der Name: Kaiserhof.
Auf dem Weg zum Schloss Pyrmont, in dem heute ein Museum ist, der nächste Hinweis – diesmal auf eine Preußin, die wohl berühmteste: Königin Luise. Auch sie war einst hier, weilte zur Kur in Bad Pyrmont.

Museum im Schloss Bad Pyrmont
Museum im Schloss Bad Pyrmont
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Museum im Schloss – Bad Pyrmont

Dann geht es weiter, hinein ins Schloss, ins Museum, und da sind sie dann ganz präsent die Preuß:innen. Bereits im ersten Raum begegnen sie. Sie hängen an den Wänden gemeinsam mit all den anderen berühmten Gästen, die dieses Weltbad einst mit ihrer Anwesenheit beehrten.
In den angrenzenden Räumen finden wir noch mehr über die preußische Geschichte Bad Pyrmonts, das erst sehr spät an Preußen fiel.
Pyrmont war einst eine selbständige Grafschaft, die 1625 durch Erbfall an die Grafen von Waldeck fiel und zum Niederrheinisch-Westfälischen Reichskreis gehörte. Ein kleines Wasserschloss und den Hylligen Born gab es schon damals, doch erst durch Friedrich Anton Ulrich zu Waldeck (1706–1728) wurde Bad Pyrmont endgültig zu eben jenem Weltbad und das Schloss zu jener barocken Schönheit, die man heute sieht und in der sich das Museum befindet.
Eingeleitet hatte die Entwicklung aber bereits Graf Georg Friedrich von Waldeck (1620-1692). Er hatte mit dem Ausbau des Heilquellenbetriebs begonnen und sein hohes Ansehen als Diplomat und Militär erlaubte ihm im Sommer 1681 einen unglaublichen Coup. Er lud über 40 fürstliche und königliche Persönlichkeiten zu einem Treffen und Kuraufenthalt nach Bad Pyrmont ein. Unter ihnen waren zum Beispiel Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Königin Sophie Amalie von Dänemark, Herzog Ernst August von Hannover, der Landgraf von Hessen-Kassel und viele andere mehr. Verständlich, dass dieses Treffen in ganz Europa großes Aufsehen erregte und fortan alle, die etwas auf sich hielten, unbedingt zur Kur nach Bad Pyrmont reisen wollten.

Nippes im Museum im Schloss Bad Pyrmont
Nippes im Museum im Schloss Bad Pyrmont
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Nippes und das preußische Bad Pyrmont

Erst 1868 begann die preußische Geschichte des Fürstentums Pyrmont. Von da an bis 1918 wurde es von Berlin aus verwaltet und wurde dann in die preußische Provinz Hannover eingegliedert. Im hinteren Raum des Untergeschosses wird vor allem die Kulturgeschichte jener Jahre und Jahrzehnte greifbar. Hier haben die Museumsmacher:innen diverse Devotionalien zusammengetragen, die die Kurgäste seit dem 18. Jahrhundert als Souvenirs aus Bad Pyrmont mitnehmen konnten. Da sind Teller, Tassen, Gläser, Bilder und viel anderer Nippes.
Das Obergeschoss des Museums beschäftigt sich vor allem mit der Geschichte des Bades Pyrmont. Man erfährt viel über die berühmten Badeärzte und die Pyrmonter Heilwässer, die einst in alle Welt verschickt wurden.
Auch Kunstliebhaber:innen werden fündig, denn Kunst findet sich aus vielen Epochen im ganzen Haus und besonders in den Sonderausstellungen.

Königin Luise und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen im Museum im Schloss Bad Pyrmont
Königin Luise und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen im Museum im Schloss Bad Pyrmont
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Die dritte Tour wird uns vom Westmünsterland bis zum Niederrhein führen. Wir besuchen die Orte Bocholt, Wesel, Xanten, Emmerich, Schloss Moyland und Kleve.

Dieser Blogbeitrag entstand im Auftrag des  “Netzwerk Preußen in Westfalen“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), gefördert durch: Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen

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