Schloss Burg – Museums-Tipp
Schloss Burg stand schon lange auf meiner Liste der Museen, bzw. Burgen, die ich mir unbedingt wieder einmal anschauen wollte. Als ich dann zufällig im Rahmen der Recherche für die Kultur-News 02-2020 über einen Zeitungsartikel stolperte, der über die Neuausrichtung des Hauses berichtete und über den neuen Direktor Gregor Ahlmann, da war ganz klar, dass ich den Besuch nicht länger aufschieben würde.
Also schrieb ich eine Mail, fragte Herrn Ahlmann, ob er ein wenig Zeit habe mit mir über seine neuen Ideen und Projekte für die Burg und das Museum zu sprechen, machte einen Termin und fuhr auf nach Solingen, ins Bergische, wie man hier so sagt, um der alten Höhenburg wieder einmal einen Besuch abzustatten.
Um übrigens gleich einem weitverbreiteten Missverständnis vorzubeugen: das „Bergische“ hat seinen Namen nicht daher, dass es hier so bergig ist, obwohl auch das so ist. Das „Bergische“ hat seinen Namen von Grafen und späteren Herzögen von Berg erhalten, die hier einstmals zuhause waren bevor sie dann doch lieber nach Düsseldorf umzogen.
Inhaltsverzeichnis
Schloss Burg zwischen Mittelalter und Historismus
Novum castrum oder auch novus mons sind die Bezeichnungen, die man in den frühesten Urkunden aus dem 12. Jahrhundert findet, wenn man nach “Schloss Burg” sucht. Errichtet wurde der beeindruckende Bau auf einem steil abfallenden Höhenrücken an der Mündung des Eschbachs in die Wupper. Heute gehören die Burg und der ehemalige Burgort zu Solingen.
Die Herren von Berg waren es, die diese Burg einst als ihren neuen Stammsitz haben erbauen lassen, nachdem sie ihren ursprünglichen Sitz den Zisterziensern überlassen hatten. Die „alte Burg Berge“ ist heute nur noch ein unscheinbares Bodendenkmal, die Abtei Altenberg aber, die dann auch zur Grablege vieler Berger wurde, die gibt es noch heute und auch sie lohnt einen Besuch, aber kehren wir zur neuen Burg zurück, denn wegen der sind wir hier:
Schon im Mittelalter war dem neuen Stammsitz – sprich der neuen Burg – eine wechselvolle Geschichte beschieden: männliche Linien des ursprünglich regierenden Hauses starben aus, neue Linien kamen und starben ebenfalls wieder aus, Herzogtümer wurden vereinigt und andere Orte wurden wichtiger und repräsentativer als die dann schon wieder alte Burg. Als Urkundenarchiv und Festort aber war Schloss Burg durchgängig von hoher Bedeutung. Die Umbauten im 15. Jahrhundert und die veränderte Nutzung machten die Stammburg zu einem Schloss. Es fanden Jagden statt und wichtige Feierlichkeiten, wie die zur Kinderverlobung im Jahr 1496, die die Vereinigung von Jülich-Berg mit Kleve besiegelte.
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Spätestens mit der Vereinigung des Herzogtums Jülich-Berg mit Kleve im Jahr 1521 trat die Burg jedoch immer weiter in den Hintergrund und verlor als Residenz zunehmend an Bedeutung. 1539 wurde Schloss Burg zum Witwensitz der Herzogin-Mutter Maria Ab diesem Zeitpunkt gibt es keinen einzigen Beleg mehr dafür, dass einer der Herzöge sich auf der ehemaligen Stammburg aufgehalten hätte.
Als im Jahr 1609 das alte Herzogshaus endgültig ausstarb und nach einem erbitterten Erbfolgekrieg das alte Territorium Jülich-Berg 1614 an Pfalz-Neuburg fiel, da fiel auch die Burg in einen tiefen Dornröschenschlaf, bis der 30-jährige Krieg sie ihrer Wehrmauern beraubte und der allmähliche Verfall begann.
Die Epoche Historismus war es, jene Bewegung, die auf alte Formen und auf die „ruhmreiche“ Geschichte zurückgriff, die Schloss Burg von neuem auferstehen ließ und das sieht man der eigentlich mittelalterlichen Burg auch bis heute deutlich an, vor allem im Bereich der Innenräume. Heldenbilder, glorreiche Schlachtszenen und andere Motive der bergischen Geschichte zieren die Wände der Burgräume und künden von der romantisierten Geschichte des ehemaligen Herzogtums Berg. Es sind quasi zwei Epochen in einem, die man hier auf der Burg erleben und erfahren kann: das Mittelalter und die Zeit um 1900 und wie sie sich die Geschichte so vorstellte.
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Schloss Burg – ein Museum im Wandel
Ähnlich wie die Burg lag auch das “Bergische Museum” im Schloss eine geraume Weile in einer Art von Dornröschenschlaf. Sonderausstellungen gab es kaum mehr und auch die Dauerausstellung mit ihren durchaus beeindruckenden Exponaten wirkt an vielen Stellen leicht angestaubt und in die Jahre gekommen.
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
An einigen Stellen aber kann man schon jetzt den neuen Wind wahrnehmen, der durch die Mauern weht. Da ist zum Beispiel der große Turm, der Nachbau des ehemaligen Bergfrieds, hier ist schon jetzt in Sachen musealer Darbietung die Moderne eingezogen. Aber lassen Sie uns erst einmal auf einen Rundgang durch die oftmals nicht ganz so alten aber dennoch auf ganz eigene Art ehrwürdigen Mauern gehen:
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Der Weg führt den Besucher der Burg erst einmal ins Besucherzentrum, das ein wenig außerhalb der Burgmauern liegt. Hier gibt es die Tickets und einen opulenten Museumsshop. Der eigentliche Rundgang beginnt im Palasgebäude und zwar im Rittersaal – ein durchaus gebührender Empfang für jeden Gast. Schon hier bemerkt man schnell, dass die Burg so mittelalterlich nicht ist, denn die Wandgemälde atmen in ihrer monumentalen Art deutlich den geist des Historismus und verherrlichen die „Helden“, die einst im Herzogtum Berg herrschten. Über die Kemenate geht es dann in die Schlosskapelle, die im neugotischen Stil ausgestaltet ist und noch heute für Hochzeiten genutzt wird.
Rittersaal Schloss Burg Die ehemaligen Herren von Schloss Burg Der Bau von Schloss Burg – eines der Gemälde im Rittersaal Kapelle von Schloss Burg in neugotischem Stil
Das eigentliche Museum, das ursprünglich als Bergisches Museum konzipiert wurde, schließt sich nun an. Hier kreist alles um die bergische Geschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit und von Ritterrüstungen über kostbare Elfenbeinkästchen bis hin zur bergischen Küche findet sich viel Interessantes und Buntes zu sehen. Am Ende des Museums befinden wir uns dann auf dem Burgtor, von hier geht es weiter, immer der alten Burgmauer entlang, in den Diebsturm, das ehemalige Gefängnis von Schloss Burg, indem immerhin auch schon ein Kölner Erzbischof gefangen gehalten wurde. Der anschließende Engelbertturm ist im Zuge des Wiederaufbaus der Burg im 19. Jahrhundert errichtet worden zu Ehren des ehemaligen Grafen Engelbert von Berg.
Das “Bergische Museum” Kostbarkeiten aus Elfenbein im Museum von Schloss Burg Elfenbeinkassette – Bergisches Museum Ritterhelme im Bergischen Museum Münzschatz im Museum Schloss Burg Bergische Tafel im Bergischen Museum Ritterrüstung Museum Schloss Burg
Geht man nun den Rundgang weiter, so gelangt man zur ehemaligen Wachstube von wo aus sich die Ebene vor der Burg gut übersehen lässt. Von hier aus geht es in den Bergfried, den großen Turm, von dem eben schon die Rede war. Den Abschluss des Rundgangs macht dann das Grabentor, das der eigentliche Hauptzugang zu Schloss Burg ist.
Den Plan für diesen Rundgang mit den wichtigsten Informationen zur Geschichte von Schloss Burg gibt es übrigens ganz praktisch als Download auf der Internetseite. Gleiches gilt übrigens für eine ausführlichere Imagebroschüre, die sowohl über die Geschichte der Burg informiert als auch über die zahlreichen Veranstaltungen, die hier heutigen tags stattfinden.
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Wie man der Beschreibung und der Tatsache, dass es sich um eine ehemalige Burg handelt sicher schon entnehmen kann, ist Schloss Burg nicht barrierefrei. Ein Manko mit dem wohl nahezu alle alten Gemäuer zu kämpfen haben. Einzig der Innenhof ist für jedermann unproblematisch erreich- und begehbar.
Schloss Burg, Graf Adolf und die App
Es klang schon an, dass sich der neue Leiter von Schloss Burg – Gregor Ahlmann – mit der Burg auf den Weg in die museale Zukunft gemacht hat. Einen ersten Hinweis darauf gibt schon die ausgesprochen ausführliche und instruktive Website des Museums. Es ist eine Museumswebsite, wie man sie so nicht allzu oft findet. Hier gibt es Informationen rund um die Geschichte, das Museum, Veranstaltungen, Gastronomie und vieles mehr – eine wahre Fundgrube.
Viel wichtiger und spannender aber ist, dass man hier aus der Not eine Tugend machen wird. Not ist oder besser gesagt „Not tut“ eine Sanierung der alten Gemäuer und die wird nun auch in Angriff genommen. Rund acht Jahre wird die Sanierung wohl brauchen und kosten wird sie voraussichtlich 32,5 Mio. €. Auf der Seite des Museums heißt es zu den anstehenden Arbeiten: „Die Ziele der Sanierung sind im Wesentlichen der Erhalt des Denkmals und die energetische Modernisierung. Dadurch sollen eine positive Imagewirkung erreicht und neue Impulse für den Stadtteil gesetzt werden. Als Identifikationsort und Bildungsstätte will man das Museum stärken und so eine Steigerung und Stabilisierung der Besucherzahlen erreichen, wozu auch die Modernisierung des touristischen Angebots dient.“
Klar ist, dass aufgrund dieser umfassenden Sanierung weite Teile der Burganlage und auch das Museum zeitweilig nicht zugänglich sein werden. Die meisten Museen hätte nun für acht Jahre ihre Tore geschlossen, nicht so Schloss Burg. Man bleibt geöffnet und verlegt sich in die virtuelle Welt.
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0 (hier mal klein, den Lichtverhältnissen am Tag des Besuchs geschuldet)
Schon jetzt gibt es eine App, die den Grafen Adolf wieder auferstehen lässt und plötzlich steht er, samt seinem Pferd, mitten im alten Rittersaal. Leider ließen die Lichtverhältnisse am Tag des Besuchs nicht zu dies zu fotografieren, deswegen gibt es auf dem Bild oben nur die Mini-Version.]
Aber man muss sich gar nicht selbst nach Schloss Burg begeben, um den Grafen Adolf wieder auferstehen zu lassen, dank App geht es das auch zuhause im Wohnzimmer. So wird Graf Adolf, der Sieger der Schlacht von Worringen, zum „Botschafter“ von Schloss Burg.
Wer denkt, dass eine solche App-Anwendung schon Zukunft genug im Museum ist, der irrt, denn diese App ist erst der Anfang. Wenn der Rittersaal und andere Bereiche der Burg wegen der Sanierung geschlossen werden müssen, dann sollen sie virtuell begeh- und erlebbar werden. So wird die Schließung abgemildert und ein Einblick in die Gebäude bleibt weiterhin erhalten.
Der Bergfried von Schloss Burg und seine Bedeutung 1225 – ein entscheidendes Jahr Bergische Geschichte war kriegerisch Schiebend durch den Bergfried
Eine wichtige Rolle wird in den kommenden Jahren der Bergfried übernehmen müssen, denn er ist bereits vollständig saniert und moderne Museumstechnik hat hier bereits Einzug gehalten. Auf jeder Etage gibt es einen wichtigen Teil der bergischen Geschichte bzw. der Geschichte der Burg und des Schlosses zu sehen. Videos, die per Griff ans Schwert oder die Wiege gestartet werden, informieren hier nicht nur die erwachsenen Besucher, sondern auch die Kinder auf kurzweilige über die ehemaligen Bewohner der Burg und wichtige historische Ereignisse. Die Kinderverlobung des Jahres 1496 etwa wird beleuchtet, ebenso wie die Schlacht von Worringen. Es macht Spaß sich so durch die Geschichte zu bewegen.
Ein Gespräch und Zukunftsperspektiven
Ein spannendes Gespräch war es, das ich mit Gregor Ahlmann über die Zukunft von Schloss Burg geführt habe. Selten habe ich einen Museumsdirektor erleben dürfen, der so engagiert und mit Begeisterung in die Zukunft seines Museums blickt.
Für ihn bedeutet Digitalisierung vor allem ungeahnte Chancen. Chancen vielen Menschen sein Haus und dessen Geschichte nahe zu bringen, Chancen das Haus auch noch über viele Jahrzehnte attraktiv zu erhalten und die Attraktivität sogar noch zu fördern.
Auch im Bereich Social Media ist Schloss Burg zuhause. Mehr als 14.000 Follower hat man beispielsweise auf Facebook. Eine beeindruckende Zahl für eine Burg mit Museum. Selbst auf Instagram sind es aktuell annähernd 1.700 Abonnenten und der Aufwärtstrend auf beiden Social Media-Kanälen wird wohl auch weiter anhalten, denn am Museum gibt es tatsächlich eine Fachfrau, die sich um diese Kanäle kümmert.
Die Kinderverlobung auf Schloss Burg im Rittersaal in historistischer Manier Die Kinderverlobung auf Schloss Burg im Bergfried in moderner Form
Vieles, das hier geschieht ist wegweisend auch für andere Museen, Schlösser und Burgen, die noch immer in alten, starren Strukturen mit viel Angst vor der gar nicht mehr so neuen Digitalisierung stehen.
Für mich kann ich nur sagen, dass ich selten so gut schon im Vorfeld über ein Museum oder eine Burg informiert worden bin und dass ich noch viel seltener in einem musealen Haus so viel Begeisterung und Freude in Sachen Zukunft gefunden habe.
Eines steht für mich fest: den Weg von Schloss Burg werde ich mit großer Aufmerksamkeit weiterverfolgen und freue mich schon jetzt sehr auf all das, was da noch kommen wird.
An dieser Stelle gilt mein herzlicher Dank Herrn Gregor Ahlmann für das lange, informative und spannende Gespräch und die Möglichkeit Schloss Burg zu erkunden virtuell und analog!
Schloss Burg – Bergisches Museum
Schlossplatz 2
42659 Solingen
Öffnungszeiten
Sommerzeit (März bis Ende Basar der Kunsthandwerker)
montags 13- 18 Uhr
dienstags bis sonntags 10-18 Uhr
Winterzeit (November bis Ende Februar)
dienstags bis freitags 10- 16 Uhr
samstags & sonntags 10- 17 Uhr
montags geschlossen
Weihnachtsferien in NRW
täglich 10- 17 Uhr
24. | 25. | 31.12. geschlossen
Eintrittspreise
Erwachsene: 6 €
Studenten & Schwerbehinderte: 5 €
Kinder & Schüler (3- 17 Jahre): 3 €
Gruppen ab 15 Personen: 5,50 € p.P.
Schulklassen: 2,50 € p.P.
Kleingruppen (2 Erwachsene + bis zu 3 Kinder): 17 €
Beitragsbild:
Der Blick vom Bergfried von Schloss Burg an der Wupper
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen
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