Digitalisierung – Geschichte, Bedeutung und Zukunft

Digitalisierung – ein viel berufener Begriff in unseren Tagen. Beinahe kein Bereich des Lebens bleibt unberührt. In allen Branchen, allen Gebieten wird über Digitalisierung geredet. Beinahe ist der Begriff schon zu einer Art von „Buzzword“ geworden.
Doch eins fällt immer wieder auf: auch wenn alle darüber reden – viele scheinen nicht zu wissen worüber sie eigentlich reden. Wenn Sie eine Umfrage machen, was denn bitte eigentlich „Digitalisierung“ sei, dann kommen Sie schnell darauf, dass beinahe jeder so seine eigene Definition vom Begriff hat. Das macht es schwer wirklich miteinander über Digitalisierung zu reden und dann am Ende auch noch eine Lösung fürs Problem zu finden.
Da gerade auch im Kulturbereich und in den Geisteswissenschaften oftmals eine gewisse Unklarheit über den Begriff besteht und diese Unklarheit am Ende dazu führt, dass man die Chancen nicht nutzt, dafür aber die Ängste steigert, gibt es hier nun den Versuch ein wenig Klarheit über die „Digitalisierung“, ihre Technologien und ihre Themenfelder zu gewinnen. Unbegründete Ängste abbauen und die Chancen des Wandels ergreifen, das ist letztlich das Ziel, das wir alle verfolgen sollten, denn aufhalten lässt sich dieser Wandel schon lange nicht mehr.


Was genau bedeutet Digitalisierung
Was ist der Unterschied zwischen digital und analog?
Was sind analoge und digitale Medien?
Was sind digitale Technologien
Was ist der digitale Wandel?
Zur Geschichte und Entwicklung der Digitalisierung
Was bedeutet „Digital Revolution“?
Zur Geschichte und Entwicklung der Digitalisierung
Themenfelder der Digitalisierung
Beispiele für Digitalisierung im Kulturbereich
Chancen der Digitalisierung
Risiken der Digitalisierung
Digitalisierung und Ethik
Digitalisierung und Bildung
Digitalisierung und Gesellschaft
Digitalisierung in Deutschland
Was sind „Digital Humanities“?
Was bedeutet „Digital History“?
Digitale Geschichtswissenschaft
Digitale Geschichtsvermittlung
Digitalisierung ohne Kulturwandel funktioniert nicht!?

Was genau bedeutet Digitalisierung?

„Der Begriff Digitalisierung bezeichnet ursprünglich das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate und ihre Verarbeitung oder Speicherung in einem digitaltechnischen System.“ Damit liegt die Information dann in sog. „diskreten Werten“ vor. Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich was das denn nun wieder ist. Die Mathematiker unter Ihnen werden jetzt nicht fragend schauen, denn aus Ihrer Wissenschaft stammt der Begriff. „Diskrete Werte“ sind abgegrenzte oder auch abgetrennte Werte. Der Computer kann eben nur Nullen und Einsen, nichts dazwischen. Aus diesen sehr begrenzten Werten muss er die Information zusammenstellen. Wenn eine Uhr theoretisch unendlich viele Zeigerstellungen haben kann, dann kann das eine Digitaluhr nicht, denn sie kann nur die Zahlen 0-9 anzeigen und das im Regelfall dreimal für Stunde, Minute und Sekunde. Damit ist die Zahl der möglichen Werte stark begrenzt.

Soweit also die Definition der Wikipedia zum Begriff der „Digitalisierung“ und der „diskreten Werte“. Doch was bedeutet das genau?
Versuchen wir es mit einem Beispiel: Sie haben ein Foto, vielleicht von Oma, so aus den 1970er oder 1980er Jahren. Das ist selbstredend analog, denn es wurde mit einem analogen Fotoapparat aufgenommen und dann in einem Fotolabor auf Fotopapier gebannt. Alles schön zu Fuß, keine Computer, nichts Digitales auf dem Weg. Wenn Sie nun dieses Foto nehmen und es auf einen Scanner legen oder aber mit dem Smartphone abfotografieren, womöglich noch mit dem Computer bearbeiten und auf der Festplatte, dem USB-Stick oder auch der Speicherkarte abspeichern, dann haben Sie es digitalisiert.

Das gleiche gilt natürlich auch für eine schöne alte Vinylschallplatte, die Sie mit dem Computer aufnehmen, nachbearbeiten und dann auch noch in MP3-Format umwandeln. Und auch, wenn Sie Omas altes Kochbuch auf den Scanner legen oder mit einem Digitalkamera abfotografiere, dann digitalisieren Sie es.

Soweit, so gut. Oder auch nicht, denn eigentlich haben wir hier schon das Problem der Definition angerissen. Inzwischen sprechen nämlich auch viele Menschen von „Digitalisierung“, wenn Sie mit Ihrer Digitalkamera Fotos machen, obwohl diese nie zuvor analog vorgelegen haben. Das gleiche gilt für digitale Tonaufnahmen.

Digitalisierung bedeutet heute also im allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr zwingend die Umwandlung von analog in digital, sondern alles, was irgendwie digital ist. Über diese beiden grundsätzlich unterschiedlichen Bedeutungen und Definitionen sollten wir uns im Klaren sein, wenn wir uns über das Thema „Digitalisierung“ unterhalten.
Im alltäglichen Leben bedeutet Digitalisierung für die meisten Menschen eine Vereinfachung und eine Hilfe etwa auf der Suche nach Antworten via Google oder auch bessere Serviceleistungen.
Gerade während der Corona-Pandemie haben wir die Vorzüge und die Möglichkeiten der Digitalisierung schätzen gelernt. Gerade in dieser Zeit des Lockdowns bieten digitale Methoden uns die Möglichkeit trotz Social Distancing zumindest digital und virtuell in Kontakt zu bleiben.


Was ist der Unterschied zwischen digital und analog?

Fangen wir von hinten an (also irgendwie historisch korrekt): „analog“ kommt aus dem altgriechischen und bedeutet ursprünglich „verhältnismäßig“. Diese Wortbedeutung bringt uns aber an dieser Stelle nicht wirklich weiter. Fragen wir also einmal den Duden. Der teilt uns mit, dass es mehrere Bedeutungsebenen des Wortes „analog“ gibt. Zunächst einmal den sog. „bildungssprachlichen“ Gebrauch. Hier bedeutet analog so viel wie ähnlich, vergleichbar, gleichartig; entsprechend. Im EDV-Bereich aber meint „analog“ kontinuierlich und stufenlos. Damit wären wir wieder bei den diskreten Werten: Kontinuität versus Abgrenzung. Im allgemeinen Sprachgebrauch meinen wohl die meisten von uns mit „analog“ so ziemlich alles, was nicht irgendwie mit einem Computer, dem Smartphone oder einer Digitalkamera zu tun hat.

Wenn Sie jetzt also einen Brief schreiben und Sie schreiben diesen herrlich altmodisch mit einem Füller auf Papier, dann ist das ganz eindeutig analog. Setzen Sie sich aber an ihr Laptop und schreiben den Brief mit einem Textverarbeitungsprogramm und schicken ihn dann auch noch per E-Mail weg, dann ist das ganz eindeutig digital. Selbst wenn Sie den Brief anschließend ausdrucken und per Post schicken, so hat er dennoch einen digitalen Prozess durchlaufen.


Was sind digitale und analoge Medien?

Bevor wir uns mit der Unterscheidung von analog und digital in Sachen Medien beschäftigen, müssen wir erst einmal kurz definieren, was man unter Medien versteht und was sie eigentlich sind: Das Wort „Medium“ kommt aus dem Lateinischen und heißt eigentlich soviel wie „Mitte“ oder „Mittelpunkt“. Diese wörtliche Übersetzung allerdings bringt uns hier nicht viel weiter. Schaut man sich den griechischen Ursprung des Wortes an „méson“, dann allerdings kommt man der Sache schon näher, denn „méson“ meinte auch die „Öffentlichkeit“, das „Gemeinwohl“ und den „öffentlichen Weg“. Über diese Bedeutungsebene hat sich das Wort „Medium“ in unserem Sprachgebrauch zum „Kommunikationsmittel“ hin entwickelt. Solche Kommunikationsmittel sind vor allem Dinge, die etwas mit dem „öffentlich machen“ von Nachrichten und Meinungen zu tun haben, also etwa Zeitungen, Zeitschriften, Film, Funk, Fernsehen, aber auch Bücher und selbstredend das Internet.

In dieser Aufzählung haben wir auch schon analoge und digitale Medien enthalten. Dröseln wir das Ganze also einmal auf:

  • analoge Medien: das sind zum Beispiel „Printmedien“, also Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Plakate etc. Dazu kommen weitere analoge Medien wie Filme, so sie denn auf einem Medium wie „Film“ aufgenommen wurden, wie 35mm-Film oder auch Super-8. Fotos zählen dazu, die mit analogen Kameras aufgenommen wurden und auf Film- oder Diastreifen gebannt wurden. Im Bereich des Hörens sind es Schallplatten, gute alte Kassetten oder auch nicht digitales Radio. Analog Fernsehen geht heute in Deutschland nicht mehr.
  • digitale Medien: das wichtigste digitale Medium ist sicherlich das Internet. Aber auch Mobiltelefone sind ein digitales Medium, ebenso wie CDs, Blue-Rays, DVDs, Tablets, E-Books, digitales Radio, Fernsehen (inzwischen) und Digitalfotografie.

Kelten-Comic Keltenwelt Glauberg
Der Kelten-Comic digital in der Keltenwelt am Glauberg –
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Was sind digitale Technologien

Unter digitalen Technologien versteht man alle Technologieformen, die mit Hardware, Software und Netzwerken zu tun haben. Technologien also, die entweder analoge Informationen in digitale umwandeln oder aber Informationen gleich digital verarbeiten und verbreiten. An erster Stelle zu nennen sind hier natürlich Computer.
Inzwischen findet sich digitale oder Computertechnologie aber in ganz vielen Geräten, so dass wir auf eine umfassende Digitalisierung unserer Umwelt zusteuern. Selbst viele kleine Haushaltsgeräte kommen heute nicht mehr ohne Computertechnologie aus und können digital gesteuert werden. Das Smart-Home ist keine Zukunftsvision mehr, wie noch vor einigen Jahren, es ist Alltag geworden. Es ist kein Problem mehr aus 2.000 Kilometer Entfernung zu sehen, wer gerade daheim vor der Türe steht und gleichzeitig noch die Gartenbewässerung einzuschalten und der Kaffeemaschine zu sagen, dass man in drei Tagen wieder da ist und dann gerne einen frisch gebrühten Kaffee hätte, während man gleichzeitig noch kurz den Inhalt des Kühlschranks checkt, um dann die fehlenden Lebensmittel zu bestellen. Und die werden natürlich von einem Computer in einem Lager zusammengesucht.

Ohne digitale Technologien ist unser heutiges Leben schon lange nicht mehr denkbar.


Was ist der digitale Wandel?

Eigentlich haben wir die Frage nach dem digitalen Wandel schon beantwortet: Unter „digitalem Wandel“ versteht man die zunehmende Veränderung unserer Umwelt und unseres Lebens durch den Einzug digitaler Technologien. Wir laufen heute eben nicht mehr zur Telefonzelle, um die Mutter oder Freunde anzurufen, sondern wir greifen zum „Handy“ bzw. Smartphone, das quasi jede und jeder von uns mit sich herumträgt. Wir greifen auch nicht mehr zum guten alten „Brockhaus“ oder irgend einem anderen Lexikon, um eine Wissenslücke zu schließen: wir „googeln“ und fragen Wikipedia. Selbst der Gang zum Bürgeramt der Stadt ist heute vielfach nicht mehr nötig, weil man so einiges auch via Internet erledigen kann und das wird mehr von Tag zu Tag.

Der digitale Wandel oder auch die „digitale Transformation“ gilt uns heute auch als eine Art von Revolution, ähnlich wie die Industrielle Revolution ausgangs des 18. und eingangs des 19. Jahrhunderts. So wie diese Revolution der Lebenswelt damals vielen Menschen Angst einjagte, so tut dies auch der digitale Wandel heute. Wahrscheinlich aber wird die Reaktion auf diese Ängste in wenigen Jahren oder spätestens Jahrzehnten genauso aussehen, wie die unsrige auf die Ängste der Menschen des 18. und 19. Jahrhunderts: Wir werden sie nicht mehr nachvollziehen können.


Zur Geschichte und Entwicklung der Digitalisierung

Die Digitalisierung ist kein Kind des 21. Jahrhunderts. Wirklich begonnen hat die Geschichte der Digitalisierung in den 1930er und 1940er Jahren. Das binäre System, bestehend aus Einsen und Nullen, war die Basis für die Entwicklung der ersten Computer. Man schrieb das Jahr 1937, da begann die Revolution: „Z1“ hieß einer der ersten Rechenapparate auf Basis des binären Systems und war entwickelt worden von Konrad Zuse.

Schon richtig nach einem Computer sah im Vergleich zu Zuses „Z1“ der amerikanische ENIAC aus, der 1944 das Licht der Welt erblickte. Und auch Zuse entwickelte weiter und schuf im Jahr 1945 den „Z4“. Noch aber bestand das Innenleben der binären Rechenmaschinen aus Röhren und Relais. Außerdem waren sie gigantisch groß, der ENIAC etwa maß 10 mal 17 Meter. Das ist wenig handlich.

Der erste „Computer“, der auf Transistoren statt auf Röhren setzte war der in den USA entwickelte TRADIC. Er war auch schon deutlich kleiner und hatte „nur“ noch die Größe von etwa drei Kühlschränken. In die Tasche stecken konnte man aber auch den noch nicht.

Überhaupt dauerte es ziemlich lange mit dem „in die Tasche stecken“. Aber ab den 1950er, spätestens ab den 1960er Jahren war die Revolution durch Computer nicht mehr aufzuhalten und die Technik schritt unaufhörlich voran. Die Geschwindigkeit der Geräte erhöhte sich stetig, ebenso die Menge an Daten, die sie verarbeiten konnten und zusätzlich wurden sie immer kleiner.

Einen enormen Sprung machte die Entwicklung der Digitalisierung in den 1980er Jahren mit den ersten Heimcomputern. Allen voran war es der Commodore, der sich einen Namen machte, aber auch Atari und Amiga zogen nach und revolutionierten so die Welt, denn endlich konnte beinahe jeder im heimischen Wohnzimmer in die digitale Welt eintauchen.

Ein Ende der Entwicklung ist wohl nicht abzusehen und man darf gespannt sein, wie klein Computer in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch werden und was sie dann alles können werden.


Was bedeutet „Digital Revolution“?

Was die „Digitale Revolution“ bedeutet haben wir in den vorangegangenen Abschnitten eigentlich schon beantwortet. Wikipedia definiert den Begriff so: „Der Begriff Digitale Revolution bezeichnet den durch Digitaltechnik und Computer ausgelösten Umbruch, der seit Ausgang des 20. Jahrhunderts einen Wandel nahezu aller Lebensbereiche bewirkt und der in eine Digitale Welt führt, ähnlich wie die industrielle Revolution 200 Jahre zuvor in die Industriegesellschaft führte. Deshalb ist auch von einer dritten industriellen Revolution die Rede oder in technischer Hinsicht von mikroelektronischer Revolution.“

Die Entwicklung des Mikrochips machte diese Revolution unserer Tage möglich. Mikrochips sind die Basis für automatisierte Produktionsabläufe, sie erlauben uns das Internet und die Kommunikation via Smartphone. Auch GPS, CDs. DVDs, Blu-Rays und Digitalradio sind ohne diese kleinen elektronischen Wunderteile nicht denkbar. Selbst die Medizin funktioniert heute nicht mehr Mikrochips und Computer. Gerade in diesem Bereich sind wohl auch die Chancen für die Menschen am ehesten greifbar: Computertomographie, Kernspintomographie machen heute sanfte Diagnoseverfahren möglich, die noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen wären und sie retten täglich Leben.


virtuelle Realität LVR Landesmuseum Bonn
Virtuelle Realität in der Ausstellung “Ritter und Burgen” im LVR-Landesmuseum Bonn
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Themenfelder der Digitalisierung

Die Themenfelder der Digitalisierung sind unendlich vielfältig. Sie beginnen bei ganz alltäglichen Dingen, wie der Türklingel und dem Kühlschrankinhalt und enden bei medizinischen Diagnoseverfahren und Fertigungstechniken in der Industrie. Es gibt heute wohl keinen Lebensbereich mehr, der nicht in irgendeiner Form von der Digitalisierung betroffen wäre. Wobei „betroffen“ hier keinesfalls negativ gemeint ist.

Auch der Kulturbereich und die geisteswissenschaftliche Forschung sind inzwischen ohne Digitalisierung nicht mehr zu denken. Hier sind es vor allem Programme, die Handschriften erkennen und lesen können und so den Archivbesuch deutlich vereinfachen; es sind Datenbanksysteme, die die Forschung erleichtern, weil sie den Zugriff auf wichtige Quellen erleichtern und auch beschleunigen. Ebenso sind es, vor allem im Museumsbereich Technologien wie „Virtual Reality“ und „Augmented Reality“, die unsere Museumsbesuche schon jetzt vielfach anders gestalten und Vergangenheit und Kunst anders erlebbar machen, als dies noch vor wenigen Jahren der Fall war.

Längst sind auch die Geisteswissenschaften zu digitalen Wissenschaften geworden. In den Abschnitten „Digital Humanities“, „Digital History“, „Digitale Geschichtswissenschaft“ und „digitale Geschichtsvermittlung“ werde ich mich noch ausführlicher mit diesem Bereich beschäftigen.


Beispiele für Digitalisierung im Kulturbereich

Auch der Kulturbereich kann sich schon lange nicht mehr von der Digitalisierung ausnehmen und wenn er es versucht, dann ist er wohl auf lange Sicht zum Scheitern verurteilt.
Dabei fängt die Digitalisierung des Kulturbereichs mit ganz kleinen Schritten an: da sind eine Unmenge von Museen, Museumsmitarbeiter*innen, von Theaterleuten und Künstler*innen, die auf Twitter über ihre neuesten Projekte, über Ausstellungen und neue Digitalstrategien berichten. Auch auf Facebook, Instagram und Co. gibt es immer mehr solcher Accounts und der Erfolg gibt ihnen im Regelfall recht.
Auch bloggende Kultureinrichtungen gibt es, wenn auch die Zahl in Deutschland leider seit Jahren stagniert. Dabei ist ein Blog eine gute Möglichkeit eigene Inhalte dauerhaft in die Welt zu tragen und auch zu erhalten. Wen es interessiert, der sollte mal auf der Museumsblogroll von Tanja Praske nachschauen, die aktuell 91 Museumsblogs verzeichnet.

Auch virtuelle Ausstellungen sind seit einigen Jahren zunehmend ein Mittel auch weit entfernt lebenden Menschen einen Einblick in speziell Themen zu geben oder aber laufende Ausstellungen zu unterstützen. Die Deutsche Nationalbibliothek etwa bietet solche virtuellen Ausstellungen zu unterschiedlichsten Themen an. Gleiches gilt für die Bayerische Staatsbibliothek und selbstredend für die Europeana, die zu Themen wie „Heritage at Risk“ oder „People on the Move“ virtuelle Ausstellungen liefert. Ein besonders schönes Beispiel liefert die Niedersächsische Landesausstellung 2019 mit „Saxones to go“, einer ausstellungsbegleitenden Website, die die Geschichte des 1. Jahrtausends in Niedersachsen und Westfalen erzählt.

Aber nicht nur die Nutzung des Internets ist ein Beispiel für die Digitalisierung im Kulturbereich, auch die Nutzung von Virtual und Augmented Reality in Museen und für Ausstellungen zeigt die Bedeutung, die die Digitalisierung hier inzwischen hat. Hier sind als Beispiele etwa das Goethe-Museum in Düsseldorf und das Museum Burg Linn in Krefeld zu nennen, aber auch die Keltenwelt am Glauberg in Hessen.

Diese Entwicklung hin zur Nutzung digitaler Strategien und digitaler Möglichkeiten wird hoffentlich in den nächsten Jahren noch zunehmen, denn verglichen mit anderen Ländern der Welt hängt Deutschland hier noch immer hinterher.


Augmented Reality im Goethe-Museum Düsseldorf
Augmented Reality im Goethe-Museum Düsseldorf
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Chancen der Digitalisierung

Die Chancen, die die Digitalisierung bietet, sind sicherlich von Fall zu Fall, von Unternehmen zu Unternehmen und vor allem von Bereich zu Bereich sehr verschieden. Dass die Digitalisierung enorme Chancen bietet ist inzwischen (hoffentlich) Allgemeingut. Dennoch haben noch immer viele Menschen auch Angst vor der zunehmenden Digitalisierung, zumal sie so schnell voranschreitet, dass wir rennen müssen, um hinterherzukommen und das führt unweigerlich zu einem stetigen Stressfaktor.

Dennoch sollte sich vor allem die Kulturwelt den Chancen nicht verschließen. Christian Henner-Fehr hat bereits im Jahr 2018 einen ausführlichen Beitrag über das Verhältnis von Kultureinrichtungen zur Digitalisierung geschrieben und dort die Chancen hervorgehoben, die die Digitalisierung bietet und welche Maßnahmen es braucht, um die Veränderungen durch die Digitalisierung anzugehen und erfolgreich zu bewältigen.

Inzwischen hat auch die Kulturstiftung des Bundes einige Maßnahmen ergriffen und unter anderem den „Fonds Digital“ aufgelegt, um den digitalen Wandel in Kulturinstitutionen voranzutreiben.

Die primäre Chance, die vor allem Kultureinrichtungen durch die Digitalisierung erhalten haben, ist die Präsenz. Social Media, Websites und insgesamt das Internet bieten die Chance mehr Menschen zu erreichen und vor allem auch Menschen zu erreichen, die dem Thema Kultur sonst eher skeptisch gegenüberstehen. Eine Chance, die man nicht ungenutzt lassen sollte.

Wie wichtig diese Chance genommen werden sollte haben uns vor allem die Corona-Pandemie und die daraus resultierenden Lockdowns deutlich vor Augen geführt. Museen mussten schließen ebenso wie alle anderen Kulturinstitutionen. Doch digital war und ist es möglich geöffnet zu bleiben. Unter dem Hashtag #Closedbutopen finden sich zahlreich Beispiele.


Risiken der Digitalisierung

Noch immer ist es so – zumindest in Deutschland – das zumeist mehr über die Risiken der Digitalisierung gesprochen und diskutiert wird, denn über die Chancen. In manchen Situationen fühlt man sich da fast zurückversetzt ins 19. Jahrhundert, als die ersten Eisenbahnen in Betrieb genommen wurden und dann so langsam aber sicher die Pferdekutschen Konkurrenz von ersten motorisierten Automobilen erhielten. Da ging eine Welle der Panik durchs Land, dass ja die Geschwindigkeit von 20 km/h viel zu gefährlich sei für den menschlichen Körper und Strafzettel wurden verteilt, wenn sich eine Gardine durch ein vorbeifahrendes Automobil in Bewegung setzte.

Es ist halt immer so, dass Menschen vor etwas Neuem erst einmal Angst empfinden. Man weiß eben nicht was so alles passieren wird, wohin die Entwicklung noch führen wird. Nun, in Sachen Geschwindigkeit und Automobile wissen wir inzwischen, dass das Ganze seine zwei Seiten hat. Ähnlich wird es sicher auch in hundert Jahren mit der Digitalisierung aussehen.

Die Digitalisierung schont zum Beispiel nicht nur Ressourcen, weil sie vielfach Reisen überflüssig macht, sie kostet auch enorme Ressourcen, Kobalt etwa ebenso wie Kupfer und Aluminium. Auch verbraucht sie enorme Mengen an Strom, die erst einmal produziert werden müssen.

Sicher wird die Digitalisierung auch zahlreiche Arbeitsplätze kosten, vielleicht sogar mehr als sie erzeugt. Auch die Verfolgbarkeit von Menschen wird durch die Digitalisierung massiv vereinfacht und vieles andere mehr. Es ist also durchaus nicht unangemessen danach zu fragen wo wir mit der Digitalisierung eigentlich hinwollen und was wir verhindern sollten.


Digitalisierung und Ethik

Seit geraumer Zeit gibt es zahlreiche Diskussionen über die Ethik des Digitalen. Sogar ein Institut für digitale Ethik gibt es inzwischen. Dabei entspinnt sich die Diskussion über die digitale Ethik vor allem an zwei ganz verschiedenen Themen:
zum einen geht es um Cybermobbing, Hate-Speech und Shit-Storms, die dank der Anonymisierung des Internets um sich greifen und inzwischen leider Gottes weit verbreitet sind.
Zum anderen geht es bei der digitalen Ethik um die Frage, ob alles, was denkbar ist auch umgesetzt werden sollte.

Zur Ethik des Digitalen gibt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung zum Beispiel eine Einführung unter dem Titel „Digitalisierung als ethische Herausforderung“.

Das Institut für digitale Ethik hat übrigens „10 Gebote der Digitalen Ethik“ zusammengestellt, die da lauten:

1. Erzähle und zeige möglichst wenig von Dir.
2. Akzeptiere nicht, dass Du beobachtet wirst und Deine Daten gesammelt werden.
3. Glaube nicht alles, was Du online siehst und informiere Dich aus verschiedenen Quellen.
4. Lasse nicht zu, dass jemand verletzt und gemobbt wird.
5. Respektiere die Würde anderer Menschen und bedenke, dass auch im Web Regeln gelten.
6. Vertraue nicht jedem, mit dem Du online Kontakt hast.
7. Schütze Dich und andere vor drastischen Inhalten.
8. Miss Deinen Wert nicht an Likes und Posts.
9. Bewerte Dich und Deinen Körper nicht anhand von Zahlen und Statistiken.
10. Schalte hin und wieder ab und gönne dir auch mal eine Auszeit.“


Digitalisierung und Bildung

Der Bereich, der wohl zu den chancenreichsten in Sachen Digitalisierung gehört, ist der Bildungsbereich. Dank Digitalisierung muss man heute nicht mehr unbedingt in der Nähe einer großen Bibliothek oder eines Archivs leben oder aber lange Reisen auf sich nehmen, um das gewünschte Buch oder das Archivgut einsehen zu können. Vieles gibt es in digitalisierter Form und man kann es bequem daheim als PDF lesen und bearbeiten.

Auch in Sachen Weiterbildung hilft die Digitalisierung – MOOCs sei Dank. Inzwischen gibt es zahlreiche Anbieter von Onlinekursen, so etwa die Harvard University, die Online-Kurse zu ganz unterschiedlichen Themen anbieten und es so Menschen auf der ganzen Welt ermöglichen ihr Wissen zu erweitern.

Selbst die Teilnahme an Konferenzen kann man mittlerweile online genießen. Vielfach gibt es Live-Streams oder zumindest die Möglichkeit via Twitter oder aber einer Social-Media-Wall und eines Hashtags den Vorträgen zu folgen.

Digitalisierung ermöglicht so vielen Menschen die Teilhabe an Bildung und vor allem auch die Schaffung und den Ausbau von Wissen. Auch Wissenschaftsblogs sind hier ein gutes Beispiel.


Digitalisierung und Gesellschaft

Dass die Digitalisierung auch die Gesellschaft in zunehmendem Maße verändert, darüber besteht wohl kein Zweifel mehr. Allein die neuen Kommunikationsmöglichkeiten sowie die vielfältigen Informationsmöglichkeiten, die durch die Digitalisierung geschaffen wurden, haben unser Leben in den letzten Jahren und Jahrzehnten massiv verändert. Musste man in den 1980er Jahren noch verzweifelt nach einer Telefonzelle suchen, wenn man jemandem etwas dringendes mitteilen wollte, so lässt sich das heute ganz bequem mal eben ohne Umwege per Whatsapp oder Messenger erledigen. Neuigkeiten mit der ganzen Welt zu teilen ist dank Twitter, Facebook und Co. genauso einfach und schnell zu machen.

Wir sind heute stets und ständig erreichbar und so mancher scheint mit seinem Smartphone schon eine Art von Symbiose eingegangen zu sein. Vielfach erscheint es so, dass der Verlust des heißgeliebten digitalen Begleiters fast mehr zählt als der Verlust eines lebendigen Wesens.

Sicher haben all diese Geräte wie Smartphones, Laptops und Tablets unser Leben in vielen Bereichen vereinfacht und auch beschleunigt, aber sie haben uns letztlich auch so mancher Dinge beraubt. Wirkliche Ruhe und wahrhaftes Abschalten sind schwierig geworden. Die Flut an Informationen, die den ganzen Tag auf uns einprasselt ist nur noch schwer zu verarbeiten und das Setzen von Prioritäten wird zunehmend schwieriger. Das Erstaunlichste aber ist wohl, dass die zunehmende Menge an Informationen nicht etwa zu einer besseren und breiteren Informationslage führt, sondern eher dazu, dass wir uns in Blasen bewegen und der Blick über diese Blase hinaus immer schwieriger wird.

Es ist also, wie bei allem eine zweischneidige Angelegenheit mit der Digitalisierung und so wie sie der Gesellschaft auf der einen Seite nutzt, so schadet sie auf der anderen auch wieder.


Digitalisierung in Deutschland

Mit dem Thema „Digitalisierung in Deutschland“ könnte man Bücher und wahrscheinlich sogar ganze Enzyklopädien füllen. Während die einen ganz zufrieden sind mit Smartphone, Instagram und Co., sehen die anderen auf andere Länder und stellen schnell fest, dass Deutschland in den meisten Bereichen der Digitalisierung eigentlich ein Entwicklungsland ist.

Schon an einigen wenigen Beispielen kann man das Hinterherhinken Deutschlands in Sachen Digitalisierung schnell deutlich machen:

  • Haben Sie zum Beispiel schon einmal versucht in der Eifel mit ihrem Smartphone eine Internetseite zu öffnen? – Nein? Dann sollten Sie es auch nicht unbedingt probieren, es sei denn Sie wollen frustriert aufgeben. Deutschland ist noch immer das Land der Funklöcher. In unseren Nachbarländern sieht das deutlich besser aus.
  • Wenn Sie versuchen möchten im Homeoffice zu arbeiten oder auch sich beruflich selbständig machen zu wollen und dafür das Internet benötigen, dann machen Sie das bitte nicht am Niederrhein oder in irgendwelchen netten ruhigen Dörfern, denn da gewinnen Sie schnell den Eindruck, dass wir noch immer in den Zeiten des 56k-Modems leben (falls Sie sich an die noch erinnern können).
  • Wenn Sie Inhaber*in einer Kreditkarte sind und zu der in Deutschland noch immer seltenen Sorte Mensch gehören, die die Kontaktlos-Funktion nicht hat sperren lassen, dann wundern Sie sich wahrscheinlich auch nicht mehr darüber, wenn man Ihnen im Geschäft die Karte aus der Hand nimmt. Ich jedenfalls tue das schon länger nicht mehr. Fragt man nach warum, dann bekommt man meist zu hören, dass das ja sowieso oft nicht funktionieren würde. Nun, bei unseren Nachbarn in Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden funktioniert es prima und da will auch niemand die Karte in die Hand nehmen.

Es bleibt also noch viel zu tun, um die Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben und vor allem den Menschen die Angst vor dem Digitalen zu nehmen.


LVR Landesmuseum Bonn - Entwicklung des Menschen multimedial
Die Entwicklung des Menschen multimedial nachvollziehen im LVR-LandesMuseum Bonn –
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0

Was sind „Digital Humanities“?

„Das Fach Digital Humanities (‚digitale Geisteswissenschaften‘) umfasst die Anwendung computergestützter Verfahren und die systematische Verwendung digitaler Ressourcen in den Geistes- und Kulturwissenschaften sowie die Reflexion über deren Anwendung. Es handelt sich um ein interdisziplinär ausgerichtetes Fach, dessen Vertreter sowohl durch eine traditionelle Ausbildung in den Geistes- und Kulturwissenschaften ausgewiesen sind als auch durch ihre Vertrautheit mit einer Reihe von einschlägigen Konzepten, Verfahren und Standards der Informatik. In Deutschland sind das insbesondere Forscher der Computerphilologie, der Historischen Fachinformatik, der Informationswissenschaft und der Computerlinguistik. Typische Arbeits- und Forschungsfelder sind zum Beispiel digitale Editionen, quantitative Textanalyse, Visualisierung komplexer Datenstrukturen oder die Theorie digitaler Medien.“ so die nicht ganz so knappe, aber sehr gute Definition der Digital Humanities in der Wikipedia.

Schon lange ist es so, dass Digitalisierung und der Einsatz von Computern nicht mehr nur ein Thema für Informatiker, Informationswissenschaftler und Naturwissenschaftler ist. Auch die Geisteswissenschaft arbeiten schon seit geraumer Zeit mit digitalen Methoden und digitalen Hilfsmitteln, um etwa Texte zu erschließen und auch, um sie lesbar zu machen. Spezielle Computerprogramme können beim entziffern alter Handschriften helfen und so die Arbeit etwa von Historiker*innen vereinfachen. Ein solches Beispiel ist etwa Transkribus.


Was bedeutet „Digital History“?

Gibt man den Begriff „Digital History“ bei Google ein, dann fällt in der Trefferliste eins sofort auf: es gibt keinen deutschen Wikipedia-Eintrag und die meisten Ergebnisse in der Trefferliste sind englischsprachig. Übrigens gibt es auch keinen Wikipedia-Eintrag unter „digitale Geschichtswissenschaft“. Das ist wohl schon ein ziemliches Armutszeugnis und zeigt wohl auch, dass die Digital History in Deutschland noch nicht so richtig angekommen ist.

Das mangelnde „Standing“ dieses Bereichs der Geschichtswissenschaften bemerkt auch Mareike König in einem Ankündigungstext für eine Tagung zu „Digital History: Konzepte, Methoden und Kritiken digitaler Geschichtswissenschaften“, die im März 2020 stattfinden wird, wenn sie schreibt: „Doch auch wenn sich die Digital History einen zunehmend respektablen Platz im Fach erworben hat, bleibt sie in den Augen vieler ein “ewiges Versprechen” (Cameron Blevins 2016).“

Was genau unter „Digital History“ zu verstehen ist, fasst sie zuvor prägnant zusammen: „Die historische Forschung und Lehre haben sich in den letzten Jahren durch die Digitalisierung von Quellen, Methoden und Forschungsumgebungen, innerhalb derer Geschichtswissenschaft durchgeführt, produziert, diskutiert und verbreitet wird, tiefgreifend verändert. Massendigitalisierungsprojekte ermöglichen einen zeit- und ortsunabhängigen Zugang zu Quellen und Literatur. Kommerzielle und OpenSource-Programme stehen bereit, um mittels qualitativer und/oder quantitativer Datenanalyse verschiedene methodische Verfahren zur Analyse und Interpretation dieser Quellen anzuwenden. Die Fachinformation hat sich überwiegend ins Netz verlagert und schließt partizipative Medien ein. Die Bandbreite an digitalen Lehrmethoden hat stark zugenommen, während die Online-Präsentation von Forschungsergebnissen und Citizen-Science-Projekten den Dialog und das aktive Einbinden der breiten Öffentlichkeit in den Forschungsprozess ermöglichen. Lehrstühle zur Digital History werden eingerichtet, die Historikertage haben selbstverständlich digitale Sektionen und fast jedes neue Forschungsprojekt hat einen (wenn auch manchmal kleinen) digitalen Anteil.“

Dies macht deutlich: auch, wenn „Digital History“ noch immer nicht wirklich in den Köpfen angekommen ist, so ist sie doch bereits seit geraumer Zeit Wirklichkeit und Alltag. Digitalisierung ist aus den Geschichtswissenschaften nicht mehr wegzudenken und sollte daher auch einen größeren und aktiveren Raum erhalten.


Digitale Geschichtswissenschaft

Offen gestanden bin ich ja ein Fan von Treppenwitzen. Manchmal allerdings finde ich sie einfach auch nur traurig und ärgerlich. So im Fall der „digitalen Geschichtswissenschaft“ in Deutschland: Da gibt es einen Berufsverband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, was gut ist. In diesem Berufsverband gibt es auch tatsächlich eine Arbeitsgruppe zum Thema „Digitale Geschichtswissenschaft“ was noch besser ist und Grund zur Hoffnung gibt, zumal diese Arbeitsgruppe ihren Aufgabenbereich wie folgt umschreibt: „beschäftigt sich eine digitale Geschichtswissenschaft mit multimedialen Informationen und Diskursen, die unter anderem durch große Datenmengen und –typen entstehen. Sie fragt nach Methoden, mit denen diese für die Geschichtswissenschaft zu erschließen und darzustellen sind, nach methodisch-theoretischen Grundlagen digitaler Praktiken (wie z.B. Datenformate, Beschreibungsstandards, Webtechnologien, Datenbanken, Programmiersprachen und Visualisierungen), nach Chancen wie Grenzen virtueller Forschungsumgebungen, aber auch nach neuen Wegen der Qualifizierung und der Nutzung digitaler Elemente in der geschichtswissenschaftlichen Lehre.“

Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich wo der Treppenwitz versteckt ist – ich verrate es Ihnen: da steht, dass man sich auch mit Webtechnologien auseinandersetze, dazu gehören für meinen Geschmack auch Content Management Systeme wie WordPress, Drupal, Joomla, Typo 3 u. a. Außerdem dazu gehören sollte wohl auch die Erkenntnis, dass die Seiten, die mit diesen Systemen erstellt werden heute unbedingt Responsive sein sollten, sprich für alle Endgeräte, also auch mobile, lesbar sein sollten. Und genau hier ist der Treppenwitz versteckt, denn die Seite ist nicht responsive, versuchen Sie also gar nicht erst sie auf dem Smartphone zu lesen, mir ist es schon nicht auf einem geteilten 21-Zoll Monitor gelungen, ich musste das Fenster komplett öffnen.


Digitale Geschichtsvermittlung

Die Digitalisierung geht – wie gesehen – auch an den Geisteswissenschaften nicht vorbei und somit auch nicht an der Geschichtswissenschaft. Welche Chancen sich durch die Digitalisierung in Bezug auf die Vermittlung von Geschichte ergeben wurde schon teilweise angerissen.

Noch nicht erwähnt wurden Apps. Apps bieten die Möglichkeit Geschichte vor allem im öffentlichen Raum zu vermitteln, etwa bei Stadtrundgängen. Jeder und jede Interessierte kann mit Hilfe einer solchen App mehr über die Geschichte des Stadtraums und spezieller Orte erfahren ohne erst im Vorfeld kompliziert eine Führung buchen zu müssen. Beispiele für solche Apps gibt es beispielsweise in Köln mit „Wallraffs Köln“ oder auch in Düsseldorf mit der „HistoriaApp by HHU“. Letztere ist ein digitaler Stadtplan, sowie ein Katalog und ein Geschichtsbuch für das Smartphone. Mit Hilfe dieser App kann man sich leicht in Düsseldorf bewegen und mehr über die Geschichte der Stadt und spezieller Bauwerke und Orte erfahren.

Leider gibt es auch in diesem Bereich negative Beispiele, denn, während die Digitalisierung immer weiter voranschreitet und quasi täglich neue Möglichkeiten entstehen, die Geschichtsvermittlung erleichtern und vor allem interessanter gestalten bleibt die Bundeszentrale für politische Bildung einfach mal stehen. Ihr Beitrag zu „Geschichtsvermittlung in virtuellen Räumen: Eine kleine Geschichte technologischer Möglichkeiten und eine Prognose zur Zukunft historischen Lernens“ stammt aus dem Jahr 2012! In der Zeitrechnung der Digitalisierung ist das dann wohl die Steinzeit. Es wäre wünschenswert, dass sich gerade eine Bundeszentrale auf dem neuesten Stand halten würde und Interessierten aktuelle und sinnvolle Beispiele für Möglichkeiten und Umsetzung digitaler Geschichtsvermittlung liefert.

Welche Möglichkeiten digitale Anwendungen bieten versuche ich auf meinem neuen Blog “Bad Nauheim” zu zeigen. In dieser Stadt befindet sich eine der größten Jugendstilanalgen Europas, die aufgrund von Sanierungsarbeiten allerdings aktuell nicht zugänglich ist. Mit Hilfe von 360°-Aufnahmen mit Navigation aber ermöglicht die Seite interessierten Menschen durch die Badehäuser, Wartesäle, Schmuckhöfe und Badezellen zu laufen.


Digitalisierung ohne Kulturwandel funktioniert nicht!?

Digitaler Kulturwandel und digitale Transformation der Gesellschaft sind Schlagworte, die sich immer wieder in den Vordergrund drängen. Dabei wird der Kulturwandel meist nur auf Unternehmenskulturen bezogen und weniger auf die Alltagskultur der Menschen. Das ist schade und definitiv zu kurz gedacht, denn vor allem um den Kulturwandel und die Veränderungen des Lebens der Menschen durch die Digitalisierung sollte man sich intensiver kümmern.

Digitalisierung führt unweigerlich, so wie wir sie betreiben, zu einer permanenten Reizüberflutung, zur Bildung von Blasen in denen man sich bewegt und eben nicht zwingend zu einer Erweiterung des Horizonts (was man eigentlich ursprünglich einmal erwartet hatte). Hier muss gegengesteuert werden. Nicht überall, wo etwas Digitales möglich ist, ist es auch wirklich sinnvoll. Man muss auch nicht 24/7 das Smartphone am Start haben – bewusstes Abschalten sollte Teil der Alltagskultur werden.

Im Übrigen eröffnet uns die Digitalisierung die Möglichkeit Dinge und Projekte auch einfach einmal anders zu denken und flexibler zu sein. Das Ausleben der kreativen Möglichkeiten der Digitalisierung sollte stärker in den Vordergrund treten, als dies bisher der Fall ist.

Summa summarum bietet die Digitalisierung gerade dem Kulturbereich und dem Bereich der Kulturvermittlung ungeahnte Chancen und Möglichkeiten, die leider immer noch zu wenig umgesetzt werden.

Dr. Anja Kircher-Kannemann
Dr. Anja Kircher-Kannemann

Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen

4 Kommentare

  • Dr.-Ing. Erich Wehrhahn

    Sehr geehrte Frau Dr. Anja Kircher-Kannemann
    Zu analog und digital: es gab Analog-Computer welche die Additionen und Intergrationen ermöglichten um Differentialgleichungen zu lösen. Diese wurden nicht programmiert sondern mit elektrischen Verbindungen konfiguriert.
    Die Digital-Computer benutzen numerische Approximationen um diese Aufgaben zu lösen.

    Ein Problem gibt es mit der Anwendung vom Begriff Digitalisierung. Es wird auch die Funktion von Vernetzung impliziert, obwohl sie nichts mit der Darstellung der Daten zu tun hat. Die Funktion ist die Datenübertragung. Zum Beispiel, das Internet überträgt digitale Daten aber digitalisiert sie nicht. Freimaurer sind nicht digitalisiert, sie sind aber vernetzt. Mit dem Internet können sie auch digitale Daten übertragen.

    Die Daten kann man vernetzen (im Netz verteilen) aber die Netze digitalisiert man nicht.

    Bezüglich der Ängste in der ‘Digitalisierung’ meine ich, sie ist berechtigt wegen der Manipulationen durch die Softwareentwickler. Man weis nicht immer ob das Programm auch das richtige macht. Das Internet ist gefährlich aber das ist ein Problem der Vernetzung nicht der Digitalisierung.

    Mir sind zwei geringe Fehler aufgefallen, in
    “Was genau bedeutet Digitalisierung” steht …Und auch, wenn Sie Omas altes Kochbuch auf den Scanner legen oder mit #einem Digitalkamera abfotografiere#, dann digitalisieren Sie es…

    und in
    “Was bedeutet „Digital Revolution“? steht …Selbst die Medizin funktioniert heute nicht mehr #…# Mikrochips und Computer…

    Ihre Bemerkung: “Doch eins fällt immer wieder auf: auch wenn alle darüber reden – viele scheinen nicht zu wissen worüber sie eigentlich reden. Wenn Sie eine Umfrage machen, was denn bitte eigentlich „Digitalisierung“ sei, dann kommen Sie schnell darauf, dass beinahe jeder so seine eigene Definition vom Begriff hat.”
    Da kann ich Ihnen nur zustimmen!
    MfG. Erich Wehrhahn

    • A. Kircher-Kannemann

      Sehr geehrter Herr Wehrhahn,

      vielen herzlichen Dank für ihre interessanten Anmerkungen.
      Als Historikerin, die sich auf ein nicht heimatliches Feld begibt (in diesem Fall eben die Digitalisierung) bin ich immer sehr dankbar für hilfreiche Anmerkungen von Fachleuten und für Tipps und Hintergrundinformationen.

      Herzliche Grüße
      Anja Kircher-Kannemann

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