Das Museumszentrum Burg Linn in Krefeld Linn- Museums-Tipp
Ein echtes Überraschungsei ist es, das Museumszentrum Burg Linn im Krefelder Stadtteil Linn, denn hier gibt es gleich drei Epochen auf einmal zu sehen und zu erleben und eigentlich vier Museen, denn auch das um die Ecke liegendeTextilmuseum gehört noch dazu. Das ist auch der Grund dafür, warum ich diesmal nicht nur einen Artikel für den Museums-Tipp schreibe, sondern gleich drei (das Textilmuseum kommt später), denn sonst würde dieser Text episch werden.
Konzentrieren wir uns also zunächst einmal auf den ersten Teil: das eigentliche Museum.
Inhaltsverzeichnis
Das Archäologische Museum Linn
Je nachdem aus welcher Richtung man in das wirklich malerische kleine Städtchen Linn hineinkommt (das an sich schon eine Art von Freilichtmuseum ist), steht man zunächst vor einem recht unscheinbaren Gebäude, das im ersten Moment nur durch die Fahnen auffällt, die davor hängen und die signalisieren, dass hier wohl ein Museum ist.
Dabei ist übrigens schon der Bau eigentlich ein Highlight, denn hier hat jemand ganz geschickt einen Luftschutzbunker so bauen lassen, dass man ihn anschließend als Museum weiterverwerten konnte. Ja, Sie haben richtig gelesen: das wurde von vornherein so geplant! – Der findige Mensch, der auf diesen Gedanken kam war Albert Steeger, seines Zeichens eigentlich Geologe, aber irgendwie auch der Vater dieses Museums in das wir nun eintreten.
Der Eingangsbereich des Museums ist übrigens ein klein wenig gemein, denn man könnte fast den Grund vergessen aus dem man eigentlich hier ist. Warum? Ganz einfach: noch bevor man die Museumskasse oder das erste Exponat so richtig wahrnimmt, steht man mitten in einem Café in dem es herrlich nach Kaffee duftet und man von den schönsten Kuchen angelächelt wird. Es wundert nicht, dass viele Menschen regelmäßig hierherkommen, nur um das Museums-Café zu besuchen (ich übrigens auch), zumal man bei schönem Wetter auch draußen in einem hübschen Innenhof mit Zugang zu den weiteren Teilen des Museums (zu denen wir später kommen) sitzen kann.
Gelduba und Asciburgium – Die Römerzeit im Museumszentrum Burg Linn
Wir aber möchten erst einmal ins Museum, das mit seinen Exponaten die Chronologie des Museumszentrums beginnt. Hier nämlich finden sich vor allem die archäologischen Zeugnisse. Es sind in erster Linie die römischen und fränkischen Funde aus Gelduba, die das Museum beherrschen und die ergänzt werden von einigen Stücken aus Asciburgium.
Asciburgium und Gelduba, für alle Freunde und Fans des niedergermanischen Limes sind das klingende Namen. Die hier ausgegrabenen Funde erzählen die Geschichte des Niederrheins von der Zeit des Kaisers Augustus bis hin ins fränkische Zeitalter. Das trifft insbesondere auf Gelduba zu. Sicher war die Bedeutung dieser beiden Orte längst nicht vergleichbar mit der gar nicht so weit entfernten Colonia Ulpia Traiana, die man heute unter dem Namen Xanten kennt und doch waren sie in römischer Zeit als Heerlager für bis zu 10.000 Mann durchaus bedeutend.
Gelduba, das ist das heutige Krefeld-Gellep, das schon Plinius der Ältere (jener berühmte römische Naturkundler, der beim Ausbruch des Vesuvs starb) und Tacitus erwähnten. Es ist der Ort aus dem eines der Lieblingsgemüse des Kaisers Tiberius stammte, das sogenannte siser[1] von dem niemand so genau weiß, was es eigentlich war.
Berühmt geworden ist Gelduba auch über den Kreis der Archäologen hinaus durch das größte Gräberfeld nördlich der Alpen. Inzwischen sind es annähernd 6.500 Gräber, die zeitlich vom 1. nachchristlichen Jahrhundert bis hinein ins 8. Jahrhundert reichen. Ungeheuer viele interessante und aufschlussreiche Funde hat es in diesem einzigartigen Gräberfeld bis heute gegeben und die wichtigsten sind hier im Museumzentrum Burg Linn zu sehen.
Aber lassen Sie uns einen Rundgang durch’s Museum machen, dann werden wir die wichtigsten und spektakulärsten Funde zu Gesicht bekommen:
Museum Burg Linn – das Erdgeschoss
Wenn man das Museum bzw. die Dauerausstellung betritt, dann sollte man wissen, dass der Ursprung des Museumszentrums Burg Linn ein Heimatmuseum ist. Es ist also klar, dass man sich hier vor allem mit der Geschichte Linns, Krefelds und des Niederrheins beschäftigt. Nun reicht die Geschichte dieser Region weit zurück bis in die Ur- und Frühgeschichte und genau die findet sich auch ganz am Anfang der Ausstellung. Es ist also eine chronologische Vorgehensweise in diesem Museum, die nur selten verlassen wird. Das macht Sinn und erleichtert das Verständnis. Was allerdings gleich an mancher Ecke auffällt ist, dass das Museum und die Darstellungsformen der Exponate hier und da in die Jahre gekommen sind. Eine neue, moderne Darstellungsweise täte an manchen Stellen not und sie ist auch schon in Planung und teilweise auch schon umgesetzt.
Im Gespräch mit der neuen Museumsdirektorin Jennifer Morscheiser erfuhr ich etwa, dass „rot“ das neue „grau“ ist. Es bedeutet nichts anderes als das all die Bereiche wo inzwischen roter statt grauem Filz zu sehen sind bereits überarbeitet wurden. Aber das Haus ist groß. Jennifer Morscheiser meinte scherzhaft, dass wenn sie es schaffe jeden Monat einen Ausstellungsraum zu überarbeiten, dann sei sie bis zur Rente durch. Nur als Anmerkung: Frau Morscheiser hat noch ein paar Jahrzehnte bis zur dann wirklich wohlverdienten Rente.
Ebenfalls im Erdgeschoss wird die Geschichte des römischen Kastells „Gelduba“ gezeigt mit einem besonderen Blick auf die Bataverschlacht im Jahr 69 n. Chr.
Glanzpunkt im Erdgeschoss ist die Schiffshalle. Hier findet man einen 16 Meter langen Lastkahn aus der Zeit Karls des Großen. Passend dazu wird die Geschichte des Rheinhafens Krefeld von der Antike bis heute erzählt. Der Hafen ist ein guter Anknüpfungspunkt denn mit eben diesem Hafen stand bzw. fiel auch die Existenz des römischen Kastells Gelduba.
Museum Burg Linn – die 1. Etage
Ganz dem Gräberfeld und den dortigen Funden widmet sich das 1. Obergeschoss des Museums. Von der römischen bis hinein in die frühmittelalterliche Zeit reichen die zahlreichen Funde. Ein besonderes Highlight ist vor allem die Darstellung des Grabs des fränkischen Fürsten Arpvar. Dieses Grab mit seinen zahlreichen wertvollen Beigaben ist eines der wenigen vollständig erhaltenen frühmittelalterlichen Adelsgräber, die nicht Raubgräbern zum Opfer gefallen sind.
Alle, die sich besonders für Glas interessieren kommen ebenfalls auf dieser Etage auf ihre Kosten, denn es gibt eine beeindruckende Glassammlung zu bestaunen. Ich jedenfalls konnte mich kaum sattsehen an diesen Farben, den Formen und den Motiven und war nur heilfroh, dass ich die Speicherkarte meines Fotoapparates vorher geleert hatte.
Wer sich ganz konkret nur für die archäologischen Funde der römischen und fränkischen Zeit interessiert, der kann hier umkehren, denn die beiden folgenden Etagen sind der Heimatkunde im weiteren Sinne gewidmet.
Museum Burg Linn – die 2. Etage
Ab hier geht es nun wirklich in die Heimat- bzw. Regionalgeschichte. Zu sehen sind vor allem zahlreiche Stadtmodelle, die das Aussehen diverser niederrheinische Städte am Ausgang des Mittelalters veranschaulichen. Leider gibt es wenig Erklärungen drumherum, so dass es zwar schön ist sich die Modelle anzuschauen und für Eingeweihte sicher auch sehr spannend; der durchschnittliche Museumsbesucher jedoch, der nicht aus der Region stammt, dürfte sich mit diesen Modellen eher schwertun und auch ihren Gesamtzusammenhang nicht wirklich erkennen. Eigentlich schade, denn eine so große Sammlung an Stadtmodellen habe ich persönlich noch nie zuvor gesehen und man könnte gerade die Geschichte der Städte so doch anschaulich und auch durchaus begreifbar machen.
Wahrscheinlich gibt es auch hier schon einen Plan zur Umgestaltung, nur wird es wohl noch ein Weilchen dauern, bis man im 2. Obergeschoss angelangt ist.
Museum Burg Linn – die 3. Etage
Wir sind oben angekommen bei unserem Rundgang und uns empfängt etwas, das für die Region sehr typisch ist: niederrheinische Keramik. Große Hochzeitsteller und manch anderes mit den typischen Sprüchen und Figuren, immer bunt und auch immer mal wieder zum Lachen. Diese Art der Keramik findet sich übrigens am Niederrhein in nahezu jedem Museum, man kann ihr nicht entkommen und ich persönlich habe nach Jahren in denen ich sie bewachen, erklären und sortieren durfte einen leichten Overload (ähnlich geht’s mir übrigens auch mit Siegburger Keramik und Schwarzirdenware, aber das ist eine andere Geschichte). Für alle anderen aber, die Keramik mögen und vor allem ausgefallene Stücke, ist dieser Teil der Dauerausstellung sicher interessant.
Neben der Keramik findet sich hier oben unterm Dach des Luftschutzbunkers auch noch ein Bereich in dem es um die Etikettenwebereien in Krefeld geht, um Bauernhausmodelle und die Entwicklung der Stadt Krefeld. Heimatgeschichte pur also, die sich auf dieser Etage findet und unseren Rundgang im Museum Burg Linn beendet.
Nach so viel Input gibt’s jetzt erstmal eine Pause, also auf ins Museums-Café, ein schönes Plätzchen gesucht und Kaffee und Kuchen genießen, damit wir anschließend gestärkt unsere Zeitreise Richtung Mittelalter und Früher Neuzeit fortsetzen können.
Adresse
Rheinbabenstrasse 85
47809 Krefeld
Öffnungszeiten
01. April – 31. Oktober 10:00-18:00 Uhr
01. November – 31. März 11:00-17:00 Uhr
Eintrittspreise
Kinder unter sechs Jahren haben freien Eintritt.
Familienkarten
– für einen Erwachsenen und bis zu vier Kinder
– für zwei Erwachsenen und bis zu vier Kinder
Archäologisches Museum: 6,50 / 10 Euro
Burg und Jagdschloss: 8 / 13 Euro
Verbundkarte für alle Bereiche und das Deutsche Textilmuseum: 10,50 / 17 Euro
Erwachsene
Archäologisches Museum: 5 Euro
Burg und Jagdschloss: 6 Euro
Verbundkarte für alle Bereiche und das Deutsche Textilmuseum: 8 Euro
Schüler/Studenten
Archäologisches Museum: 3 Euro
Burg und Jagdschloss: 3,50 Euro
Verbundkarte für alle Bereiche und das Deutsche Textilmuseum: 4 Euro
Webseite und Social Media
Webseite Museum Burg Linn
Facebook
Beitragsbild:
Römische Funde aus Gelduba im Museum Burg Linn –
Foto: A. Kircher-Kannemann, CC-by SA 4.0
[1] Was „siser“ genau war, ist nicht wirklich geklärt. In den meisten Fällen wird es als „Zuckerwurz“ übersetzt. Die meisten Kenner der Materie neigen dazu es mit der Mohrrübe gleichzusetzen. Genaues aber wird sich wohl nie klären lassen.
Promovierte Historikerin, Autorin, Kulturvermittlerin und Bloggerin.
Themen: digitale Kulturvermittlung – #digKV – Social Media – Storytelling – Geschichte(n) erzählen
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